Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com Torshaugv. 2 C N-7020 Trondheim, den 11.1.2002 An den Petitionsausschuss des Landtages von Baden-Württemberg Haus des Landtages Konrad Adenauer Str. 3 D-70173 Stuttgart Petition 13/00598: Begründungspfilcht bei Ablehnung der Einsicht in subjektive Krankenunterlagen Sehr gehrte Damen und Herren, ich nehme Bezug auf meine Petition 13/00598 und möchte folgende neue Rechtsprechung zur Einsicht in subjektive Daten von Krankenunterlagen nachreichen. In der Patientenrechtscharta steht, dass sich das "Einsichtsrecht ... nach dem ärztlichen Berufsrecht nicht auf den Teil der Dokumentation, der subjektive Eindrücke und Wahrnehmungen des Arztes enthält" erstreckt. Dies steht auch so im § 10 der ärztlichen Berufsordnung Baden-Württemberg. Der grundsätzliche Anspruch eines Patienten auf Einsicht in die ihn betreffenden Krankenunterlagen ist in der zivilrechtlichen Rechtsprechung seit langem allgemein anerkannt (vgl. BGHZ 85, 327 = NJW 1983, 328; Bundesverwaltungsgericht, Entscheidung BVerwGE 82, 45 = NJW 1989, 2960; BVerfG in NJW 1999, 1777). Nach der neuesten Rechtsprechung zuletzt bestätigt vom Bundesverfassungsgericht BVerfG, 1 BvR 1130/98 vom 16.9.1998: http://www.bverfg.de/entscheidungen/text/rk19980916_1bvr113098 ist das jedoch veraltet. Das Recht auf Selbstbestimmung und die personale Würde des Patienten (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG) gebieten es, jedem Patienten gegenüber seinem Arzt und Krankenhaus grundsätzlich einen Anspruch auf Einsicht in die ihn betreffenden Krankenunterlagen einzuräumen. Der Anspruch umfaßt danach grundsätzlich nur Aufzeichnungen über objektive physische Befunde und Berichte über Behandlungsmaßnahmen (vgl. BGHZ 85, 327 <333 ff.>), kann sich in Einzelfällen aber auch auf den sensiblen Bereich nicht objektivierter Befunde erstrecken (vgl. BGHZ 106, 146 <151>). Dabei kann der Anspruch nicht pauschal abgelehnt werden, der Arzte "die entgegenstehenden therapeutischen Gründe vielmehr nach Art und Richtung näher zu kennzeichnen, allerdings ohne Verpflichtung, dabei ins Detail zu gehen (vgl. BGHZ 106, 146 <150 f.>)." Allerdings ist die Abweisung der Verfassungsbeschwerde BVerfG, 1 BvR 1130/98 mit u. a. dem Hinweis, dass die Einsicht durch den Patienten nicht notwendig war, da ein Sachverständiger im Falle eines Schadenersatzprozesses einsehen kann eine Ohrfeige für das Menschenrecht auf Einsicht, das sonst anerkannt ist in Europa. Sowohl die Berufsordnung der Ärzte als auch die Patientenrechtscharta vergessen auf diese Begründungspficht hinzuwiesen. Konkret hat das zur Folge, dass der Patient (auch ich am 19.7.00: http://wkeim.bplaced.net000719ab.htm) nur Einsicht in den objektiven Teil beantragen. (Der Brief an den Arzt vom 6.6.00 mit Einsichtswunsch in alle Krankenunterlagen, war am norwegischen Recht orientiert, wurde aber nicht beantwortet). Dadurch geht die Möglichkeit der Einsicht auch in den subjektiven Teil verloren. Darauf wird aus datenschutzrechtlicher Sicht hingewiesen: http://www.lfd.nrw.de/pressestelle/presse_7_1_11.html, http://www.rewi.hu-berlin.de/Datenschutz/DSB/SH/material/tb/tb21/kap4_8.htm. Der Landtag von Baden-Württemberg hat bei der letzten Genehmigung versäumt hier die ärztliche Berufsordnung der neuesten Rechtsprechung anzupassen. Dieser Unterschied mag klein erscheinen, markiert jedoch bei den subjektiven Daten die Wasserscheide zwischen obrigkeitsstaatlichen Denken (Patient Bittsteller ohne Chance) und parnerschaftlichem Denken (der Arzt muss Ablehnung begründen) und liegt damit näher an Normen die sonst in Europa üblich sind. Auch das Bremer Diskussionsforum "Einsicht und Information": http://www.igmr.uni-bremen.de/veranst/disforum.PDF scheint durch Konsenz hier weit gekommen zu sein. Zur kommunikativen Kompetanse des Einzelnen zählt neben dem Zugang zu eigenen Daten auch der Zugang zu generellen Informationen der Verwaltung (administrative Transparenz, Öffentlichkeit der Verwaltung oder Informationsfreiheit: http://wkeim.bplaced.netfoi.htm). Hier bereiten die letzten 5 Länder in Europa (darunter Deutschland) Gesetze vor. Alle anderen Länder in Europa kennen die Informationsfreiheit. Da das BMI bisher dem Druck der Koalitionsparteien widersteht, wird möglicherweise am Ende dieses Jahres nur Deutschland: http://wkeim.bplaced.netpetition_ifg.htm (und unter den Bundesländern u.a. Baden-Württemberg) ohne Informationsfreiheit dastehen. Meine Petition 13/00824: http://wkeim.bplaced.netpetition_bw.htm und http://wkeim.bplaced.netpetition_eu.htm#patient versuchen hier nachzuhelfen. Ob das was nützt bleibt abzuwarten. Dieser Petitionszusatz ist ein offener Brief im Internet unter der Adresse: http://wkeim.bplaced.net020111pet_bw.htm publiziert, wo auch die Antwort hinkommt. Mit freundlichen Grüßen Walter Keim Torshaugv. 2 C N-7020 Trondheim E-mail: walter.keim@gmail.com Support Freedom of Information: http://wkeim.bplaced.netfoil.htm Support Patients' Rights: http://wkeim.bplaced.netpatients.htm Petition to European Parliament: http://wkeim.bplaced.netpetition_eu.htm Kopie: Prof. Hart, Prof. Francke