[English]

Walter Keim, walter.keim@gmail.com 8.11.24
Støleveien 180
N-4887 Grimstad
Norwegen


Lieber Herr Zinkler,


herzlichen Dank für Ihre Betiräge “End Coercion in Mental Health Services—Toward a System Based on Support Only”, "Coping with Criticism and Embracing Change—Further Reflexions on the Debate on a Mental Health Care System without Coercion" und die Mitarbeid bei “WHO Guidance on community mental health services: Promoting person-centred and rights-based approaches” und “WHO-OHCHR new guidance to improve laws addressing human rights abuses in mental health care”.

Das war auch eine Inspiration für mich. Im Zusammenhang mit der Kritik an medizinfreier Behandlung kamen Psychiater mit sehr optimistischen Bewertungen von Antipsykotika: „Medikamente tragen in der überwiegenden Mehrheit zur Symptomlinderung, Funktionsverbesserung und einer höheren selbstberichteten Lebensqualität bei.“ „Antipsychotika ... führten zu einer Revolution in der Behandlung“ (Ärztezeitschrift, 12.05.2017)“ [Norwegisch: "hos det store flertallet bidrar medisiner til symptomlette, funksjonsbedring og høyere selvrapportert livskvalitet." «Antipsykotiske midler ... førte til en revolusjon i behandlingen» (Legetidsskrift, 12.05.2017)]. Ich versuchte darauf hinzuweisen, dass Leucht et al. 2009 nur NNT 6 für Symptomdämpfung dokumentiert (Ärztezeitschrift 15.5.2017).

Weitere Beiträge in medizinischen Zeitschriften und zahlreiche Leserbiriefe blieben ohne Erfolg und förderten überhaupt nicht Einsicht in Forschungsergebnisse.

Deshalb habe ich meine Erkenntnisse zusammengefasst in „Promotion of a Revolution of Treatment of Schizophrenia to Achieve Recovery“. Der peer review meinte, dass das Material einen Paradigmenwechsel nahelegt. Deshalb wurde der Tittel: „Paradigm Shift to Promote a Revolution of Treatment of Schizophrenia to Achieve Recovery“ https://esmed.org/MRA/mra/article/view/4866 Dabei habe ich auch Ihre Beiträge referiert.

Zwang in Norwegen stieg in den letzten 2 Jahrzehnten

Der norwegische „Mental Health Care Act“ ist voller guter Absichten über Menschenrechte und menschlicher Würde. Zwang soll nur angewendet werden wenn das „streng notwendig“ ist (Section 4-2). Vor 20 Jahren war die Reduktion von Zwang von allen Politikern unterstützt. Allerdings war die Strategie das mit Hilfe von Dialog mit Psychiatern zu erreichen ein totales Fiasko.

Zwangseinweisungen stiegen von 5719 im Jahre 2001 auf 9400 im Jahr 2022, 10 mal so viel wie in Italien und Portugal. Wenn ich das gegenüber dem Gesundheitsdirektorat erwähne bekomme ich die Antwort: Das ist nicht sicher, möglicherweise sind wir nur besser geworden zu zählen.

Die Zwangsmedizinierung stieg von 40 pro 100 000 im Jahr auf 80 pro 100 000 im Jahr 2022, 10 mal so viel wie in Baden-Württemberg. Das wird von Psychiatern totgeschwiegen und der Staat schweigt auch.

Besonders besorgniserregend ist das Anwachsen der Verurteilten wegen Überführung in die Zwangspsykiatrie von 15 im Jahre 2002 auf 315 in Jahre 2021. Immer mehr Betten werden für Verurteilte besetzt von 15 im Jahr 2002 auf 315 im Jahr 2021 von totalt 3600 Betten.

Norwegische Faktaundersøkere schreiben „Mehrere werden zu psychiatrischer Zwangsbehandlung verurteilt“ (Norwegisch:"Flere dømmes til tvungent psykisk helsevern") und suggerieren, dass Patienten gefährlicher wurden. Aber es wird unterschlagen, dass die gesetzliche Grundlage geändert wurde: „damit auch Straftäter, die wiederholt sozialschädliche oder besonders belastende Straftaten begangen haben, zu einer Überstellung in die psychiatrische Zwangsbehandlung verurteilt werden können“ (Norwegisch: „slik at også lovbrytere som har begått gjentatte lovbrudd av samfunnsskadelig eller særlig plagsom art vil kunne idømmes overføring til tvunget psykisk helsevern“, jf. straffeloven § 62 første ledd siste punktum.).

Hier triumphiert das sogenannte Jante-Gesetz ein „Knigge“ wie man sich i Skandinavien benimmt, Menschenrechte. Persönlich meine ich, dass das sehr problematisch ist wenn das überall dominiert.

Parallel zu immer mehr Zwang wurde die Möglichkeit zu medizinfrier Behandlung stark beschnitten. Der Wissenschaftsjournalist Robert Whitaker hat darüber geschrieben: „The Dying of the Light: Norway’s “Medication-Free” Services for Psychotic Patients Are Fading Away“.

Zwar hat der Ombudsmann festgestellt, dass Zwangsmedizinierung gesetzeswidrig ist: Peter Gøtzsche„Forced Drugging with Antipsychotics is Against the Law: Decision in Norway“. Aber führende Psychiater haben daraufhin mit Hinweis auf Zhu et al 2017 behauptet dass „“high probability, it can lead to recovery or significant improvement in the patient’s condition“ vorliegt da 80% der Patienten minimale Syptomreduktion erlangen. Allerdings fehlt eine Placebo Gruppe und minimale Syptomreduktion kann keine hohe Warscheinlichkeit einer signifikanten Verbesserung erzielen.

Psychiatrische Patienten werden als gefährlich dargestellt

Wie ist diese Entwicklung von ständig zunehmenden Zwangs möglich? In Norwegen kommen im Durchschnitt 5 Morde pro Jahr von psychiatrischen Patienten vor. Das entspricht einer Gefahr von 1 zu einer Million, da Norwegen 5 Millionen Einwohner hat. Trotzdem bauscht die Presse jeden Mord so auf, dass eine Stimmung gegen Zwangsreduktion geschürt wird.

Das wird auch als Argument gegen medizinfreie Behandlung und für Zwang benützt (BBC: How Norway is offering drug-free treatment to people with psychosis)

But Dr Tor Larsen, a specialist in acute psychosis, worries about this idea. He points out that most patients with untreated psychosis do not realise they are ill so will not agree to be treated with or without drugs - and drug-free units operate on a voluntary basis...

"So in cases where people have devastating psychosis, it might be important to give them treatment even on an involuntary basis."

He cites as an example the random murder of 67-year-old Bjorg Marie Skeisvoll Hereid in a graveyard in 2019 by a psychotic man with an axe. The murder shook the quiet town of Haugesund in the south-west of Norway and made national headlines.

Die Presse greift solche Fälle auf, schafft eine Hysterie und Politiker rufen nach und beschließen möglicherweise mehr Zwang.

Deshalb ist es wichtig dass Inger-Mari Eidsvik mit Unterstützung von ICJ (International Commission of Jurists) gegen Zwangsbehandlung klagt.

Mit freundlichen Grüßen aus Grimstad der sonnen-reichsten Stadt in Norwegen.

Walter Keim
Netizen: http://walter.keim.googlepages.com
KEIM, Walter. Paradigm Shift to Promote a Revolution of Treatment of Schizophrenia to Achieve Recovery. Medical Research Archives https://esmed.org/MRA/mra/article/view/4866
Case Keim Against Germany: No Right to Information Law in Bavaria:https://t.co/krZaa1Jyok http://wkeim.bplaced.net/files/enforce_access_to_information.html


Anzahl Zwangseinweisungen (Antall vedtak om tvangsinnleggelse)
Anzahl zwangsbehandelte Patienten (Antall tvangsinnlagte pasienter)

Urteil auf Überführung in Zwangspsychiatrie (Dom på overføring til tvungen psykisk helsevern)

Anzahl Betten und Anzahl Personen mit Urteil (Antall døgnplasser...und Antall personer ... med dom)



Morde von Tätern mit psychischen (Antall gjerningspersonen ... med en alvorlig psykisk lidelse) Leiden:

Morde von Personen mit psychischen (Drap av personer med en alvorlig psykisk lidelse) Leiden: