Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 13 / 1439

10. Petition 13/1413 betr. Verhalten der Bezirks-Ärztekammer Südbaden und der Landesärzte-kammer

Die Petenten beschweren sich über die Untätigkeit der Bezirksärztekammer Südbaden und der Landesärzte-kammer Baden-Württemberg (künftig: Landesärzte-kammer). Sie tragen hierzu insbesondere vor, dass das Landesberufsgericht für Ärzte in S. (künftig: Landesberufsgericht) auf ihre Beschwerde gegen einen Arzt wegen eines nach ihrer Auffassung unbegründeten Behandlungsabbruchs den Sachverhalt inhaltlich nicht geprüft, sondern das Verfahren aus formalen Gründen eingestellt habe. Darüber hinaus wenden sie sich gegen den in dieser Sache ergangenen gerichtlichen Gebührenbescheid vom 29. November 2001.Der Petition liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Mit Schreiben vom 11. April 2001 wandten sich die Petenten an ihren Hausarzt und beschwerten sich über die Verhaltensweise eines anderen Arztes. Der Hausarzt reichte die Beschwerde an die Bezirksärztekammer Südbaden weiter, die den Vorgang dem zuständigen Kammeranwalt zur weiteren Bearbeitung übermittelt hat. Dieser leitete ein berufsgerichtliches Verfahren ein, in dessen Rahmen zunächst der beschuldigte Arzt um eine Stellungnahme gebeten wurde. Diese wurde anschließend den Petenten zur ergänzenden Äußerung übersandt. Nach Prüfung der Sache stellte der Kammeranwalt das berufsgerichtliche Ermittlungsverfahren mit Verfügung vom 17. August 2001 ein. Die Einstellungsverfügung war mit Gründen und nach Mitteilung der Landesärztekammer auch mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen. Die Einstellungsverfügung wurde den Petenten am 21. August 2001 zugestellt. Mit Schreiben vom 15. September 2001 legten die Petenten hiergegen Beschwerde ein. Diese Beschwerde ging beim Landesberufsgericht für Ärzte in S.. am 20. September 2001 ein. Mit Beschluss vom 10. November 2001 wurde der als Antrag auf Erhebung der berufsgerichtlichen Klage ausgelegte Beschwerdeschriftsatz der Petenten auf deren Kosten verworfen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Einspruch des von der behaupteten Berufswidrigkeit nicht persönlich betroffenen Petenten mangels Antragsbefugnis im Sinne des § 24 Abs. 2Berufsgerichtsordnung unzulässig und daher zu verwerfen sei. Der Einspruch der Petentin wurde als unzulässig verworfen, weil die in § 24 Abs. 2 der Berufsgerichtsordnung vorgeschriebene Zwei-Wochen-Frist verstrichen war. Mit Verfügung vom 29. November 2002 wurden die in dem Verfahren entstandenen Kosten in Höhe von173,93 DM (88,93 q) festgesetzt und bei den Petenten geltend gemacht. Die Petenten halten die Art und Weise der Sachbehandlung ihrer Beschwerde durch die Bezirks- bzw.

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Landesärztekammer und insbesondere durch das Landesberufsgericht für unzureichend. Sie bemängeln, dass eine sachlich-inhaltliche Auseinandersetzung mit den von ihnen vorgetragenen Beschwerdepunkten durch das Landesberufsgericht nicht erfolgt sei. Das Verfahren sei vielmehr aus rein formalen Gründen eingestellt worden. Darüber hinaus wenden sie sich gegen den Ansatz von Gerichtsgebühren. Mit diesem Vortrag wandten sich die Petenten erstmals mit Schreiben vom 11. Dezember 2001 an das Sozialministerium. Der Sachverhalt wurde dem Sozialministerium auch mit Schreiben des Petitionsausschusses vom 19. Dezember 2001 zur weiteren Bearbeitung übersandt. Nach einer Zwischennachricht vom 18. Dezember 2001 erhielten die Petenten mit Schreiben vom 13. Februar 2002 eine abschließende Antwort des Sozialministeriums. Darin wurde im Wesentlichen auf die inhaltliche Unabhängigkeit der ärztlichen Berufsgerichtsbarkeit verwiesen. In einem weiteren Schreiben vom 27. Mai 2002griffen die Petenten den Sachverhalt gegenüber dem Sozialministerium erneut auf und wiederholten ihre Bitte um Überprüfung des von ihnen vorgetragenen Sachverhaltes. Mit Schreiben vom 11. Juni 2002 wurden die Petenten daraufhin vom Sozialministerium ausführlich über Stellung und Aufgaben der Landesärztekammer sowie die aufsichtsrechtlichen Befugnisse des Sozial-ministeriums informiert. Darüber hinaus wurden den Petenten die verfahrensrechtlichen Grundlagen für die Tätigkeit des Landesberufsgerichts erläutert. Eine nochmalige inhaltliche Überprüfung der dem gesamten Sachverhalt zu Grunde liegenden Beschwerde wurde aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Der Vorwurf der Untätigkeit der Bezirksärztekammer Südbaden und der Landesärztekammer trifft nicht zu. Wie sich aus der Schilderung des Verfahrensablaufs unter Nr. II. 2. ergibt, blieb die Bezirksärztekammer Südbaden, die über Vermittlung des eingeschalteten Hausarztes der Petenten zunächst mit dem Be-schwerdevorbringen befasst war, keineswegs untätig. Sie leitete das Beschwerdeschreiben vielmehr unverzüglich an den zuständigen Kammeranwalt für den Bezirk weiter. Hierdurch entsprach sie ihrer in § 18Abs. 1 der Berufsgerichtsordnung niedergelegten Verpflichtung, Anzeigen berufsunwürdiger Handlungen an den Kammeranwalt weiterzuleiten. Der zuständige Kammeranwalt leitete daraufhin gemäß § 20 der Berufsgerichtsordnung ein berufs-gerichtliches Ermittlungsverfahren ein, in dessen Verlauf nicht nur der beschuldigte Arzt um Stellungnahme zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen aufgefordert wurde, sondern auch die Beschwerdeführer Gelegenheit hatten, zu dessen Ausführungen ergänzend Stellung zu nehmen. In der gemäß § 23 Abs. 2 der Berufsgerichtsordnung erlassenen Einstellungsverfügung vom 17. August2001 ging der Kammeranwalt inhaltlich auf die von den Beschwerdeführern erhobenen Vorwürfe ein und setzte sich sowohl in tatsächlicher, wie auch in rechtlicher Hinsicht mit diesen auseinander. Nach Mitteilung der Landesärztekammer war die Einstellungs-verfügung mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, in der auf die Möglichkeit der Entscheidung durch das Landesberufsgericht und deren formale Voraussetzungen ­ namentlich die zu beachtende Frist ­hingewiesen worden ist. Die Tätigkeit der Bezirksärztekammer Südbaden und des Kammeranwalts sind somit aufsichtsrechtlichnicht zu beanstanden. Hinsichtlich des weiteren Vorwurfs, wonach einemateriell-inhaltliche Überprüfung durch das Landes-berufsgericht nicht stattgefunden habe, ist Folgendes auszuführen: Die Landesärztekammer ist eine autonome öffentlich-rechtliche Selbstverwaltungskörperschaft, die ihre Angelegenheiten im Rahmen der für sie maßgeblichen Rechtsvorschriften grundsätzlicheigenverantwortlich erledigt. Zu den Selbstverwaltungsaufgaben der Landesärztekammer gehört insbesondere auch die Aufsicht über die Berufsausübung der Ärztinnen und Ärzte. Hierbei geht es vor allem auch um die Einhaltung der in der als Satzung erlassenen ärztlichen Berufsordnung geregelten Berufs-pflichten. Nach § 8 des Heilberufe-Kammergesetzes untersteht die Landesärztekammer in Selbstverwaltungsangelegenheiten lediglich der Rechts-, nicht dagegen der Fachaufsicht des Sozialministeriums. Diese Rechtsaufsicht ist gemäß § 8 Abs. 4 des Heilberufe-Kammergesetzes i. V. m. § 118 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg im Grundsatz so auszuüben, dass die Entschlusskraft und Verantwortungsfreudigweit der Kammer nicht beeinträchtigt werden". Um Verstöße gegen die ärztlichen Berufspflichtenahnden zu können, hat der Landesgesetzgeber die Landesärztekammer zur Errichtung von ärztlichen Berufs-gerichten verpflichtet. Diese Gerichte haben die Aufgabe, mögliche Verstöße gegen das ärztliche Berufs-recht in einem förmlichen Verfahren aufzuklären und nachgewiesene Verstöße zu ahnden. Die ärztlichen Berufsgerichte gelten unter verfassungsmäßigen Gesichtspunkten als Gerichte des Landes. Die von den Berufsgerichten im Rahmen ihrer richterlichen Unabhängigkeit getroffenen Entscheidungen sind ausschließlich nach Maßgabe des förmlichen Verfahrensrechts über-prüfbar. Liegt ein förmlicher Verfahrensmangel vor, so besteht für eine weitere inhaltliche Prüfung des Sach-verhalts durch das Gericht rechtlich kein Raum mehr. Nachdem das Rechtsmittel verspätet eingegangen war, hatte das Landesberufsgericht keine Befugnismehr, auf das ärztliche Berufsrecht oder den Sicherstellungsauftrag" einzugehen. Es war rechtlich vielmehr gezwungen, den als Antrag" bezeichneten Antrag auf berufsgerichtliche Entscheidung gemäß § 24 Abs. 2 der Berufsgerichtsordnung als unzulässig zu verwerfen. Die Petenten wurden vom Sozial-ministerium über die vorstehend geschilderten rechtlichen Umstände bereits mit Schreiben vom 11. Juni2002 in umfassender Weise unterrichtet. Zu dem Vorwurf, der gegenüber den Petenten geltendgemachte Kostenansatz des Landesberufsgerichts für Ärzte sei rechtswidrig, weisen wir auf Folgendes hin:

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Nach § 71 Abs. 3 des Heilberufe-Kammergesetzes in Verbindung mit § 57 Abs. 1 der Berufsgerichts-ordnung ist in berufsgerichtlichen Entscheidungen ­wozu auch Entscheidungen des Landesberufsgerichts über Anträge gemäß § 24 Abs. 2 der Berufsgerichts-ordnung gehören ­ zu bestimmen, wer die Ver-fahrenskosten zu tragen hat. Da der entsprechende Antrag der Petenten verworfen wurde, waren ihnen nach § 25 Abs. 5 der Berufsgerichtsordnung in Verbindung mit § 177 Strafprozessordnung die hierfür angefallenen Kosten aufzuerlegen. Gemäß § 72 Abs. 1 des Heilberufe-Kammergesetzeswerden die Verfahrenskosten durch die Geschäftsstelle des jeweiligen Berufsgerichts erster Instanz festgesetzt. Dies ist auch vorliegend so erfolgt, da das Lan-desberufsgericht im Verfahren gemäß § 24 Abs. 2 der Berufsgerichtsordnung erstinstanzlich entscheidet. Der geltend gemachte Kostenansatz setzt sich aus Gerichtsgebühren und Auslagen zusammen. Die Auslagen umfassen Tagegelder und Reisekosten der Mitglieder des Landesberufsgerichts. Diese betrugen für den gesamten Sitzungstag insgesamt 1.898,76 DM. Hiervon entfielen auf die fünf behandelten Be-schwerdesachen insgesamt 30 %, woraus sich für das einzelne Verfahren ein Betrag von jeweils 113,93 DM(88,93 q) ergibt. Die restlichen 70 % der Auslagen wurden auf die gleichfalls verhandelten Berufungssachen verteilt und betreffen die Petenten somit nicht. Diese Kostenentscheidung und die -festsetzung sind aufsichtsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Darstellung der Petenten, die Landesärztekammer habe von sich aus ein Gerichtsverfahren eingeleitet, geht fehl. Die Kosten sind vielmehr durch den von den Petenten erhobenen, erfolglosen Antrag auf eine berufsgerichtliche Entscheidung vom 15. September2001 entstanden. Soweit die Petenten geltend machen, dass sie über die Kostenpflichtigkeit des Verfahrens nicht informiert worden seien, ist Folgendes anzumerken: Der Umstand, dass die Einlegung von Rechtsmitteln im Falle ihrer Erfolglosigkeit zu einer Kostentragungs-pflicht führen kann, liegt im Bereich der allgemeinen Lebenserfahrung. Die Petenten hätten die Möglichkeit gehabt, sich bei der Geschäftsstelle des Landesberufs-gerichts vor der Einlegung des Rechtsmittel entsprechend zu informieren. Eine allgemeine Rechtspflicht, auf die mögliche Kostenpflichtigkeit eines Rechtsmittels hinzuweisen, lässt sich aus dem Heilberufe-Kammergesetz und der Berufsgerichtsordnung nicht ableiten. Hinsichtlich des Kostenansatzes haben die Petenten die Möglichkeit, die Kostenfestsetzung inhaltlich ­also bezüglich der Zusammensetzung der festgesetzten Kosten ­ im Wege der Erinnerung gemäß § 72Abs. 2 des Heilberufe-Kammergesetzes überprüfen zulassen.

Beschlussempfehlung: Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Mack

Quelle: Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 13 / 143914: http://www3.landtag-bw.de/WP13/Drucksachen/1000/13_1439_D.PDF