Menschenrechtskommissar des Europarats

Entschließung Nr. (99) 50 des Ministerkomitees vom 7. Mai 1999

Das Ministerkomitee –

in der Erwägung, dass es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen

seinen Mitgliedern herzustellen, und dass eines der Mittel zur Erreichung dieses

Zieles die Wahrung und Fortentwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten

ist;

in Anbetracht der Beschlüsse, welche die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten

des Europarats bei ihrem Zweiten Gipfeltreffen (Straßburg, 10. -–11. Oktober

1997) gefasst haben;

ferner in der Erwägung, dass der 50. Jahrestag der Gründung des Europarats eine

Gelegenheit gibt, die seitdem geleistete Arbeit weiter zu intensivieren;

beschließt, das Amt eines Menschenrechtskommissars des Europarats ("Kommissar"/

"Kommissarin") mit folgendem Mandat einzurichten:

Artikel 1

(1) Der Menschenrechtskommissar ist eine nichtgerichtliche Einrichtung mit der Aufgabe,

die Vermittlung von Kenntnissen über die Menschenrechte, wie sie in den

Rechtsinstrumenten des Europarats enthalten sind, die Sensibilisierung für diese

Rechte sowie ihre Achtung zu fördern.

(2) Der Kommissar/Die Kommissarin achtet die Zuständigkeit der im Rahmen der Europäischen

Menschenrechtskonvention und sonstiger Menschenrechtsinstrumente

des Europarats eingerichteten Kontrollorgane und nimmt andere Aufgaben wahr als

diese. Der Kommissar/Die Kommissarin befasst sich nicht mit Individualbeschwerden.

Artikel 2

Der Kommissar/Die Kommissarin übt das Amt unabhängig und unparteiisch aus.

Artikel 3

Der Kommissar/Die Kommissarin

a) fördert in den Mitgliedstaaten die Vermittlung von Kenntnissen über die Menschenrechte

und die Sensibilisierung für diese Rechte;

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b) trägt dazu bei, dass die tatsächliche Einhaltung der Menschenrechte und der

uneingeschränkte Genuss dieser Rechte in den Mitgliedstaaten gefördert werden;

c) erteilt Ratschläge und Auskünfte betreffend den Schutz der Menschenrechte

und die Vorbeugung gegen Menschenrechtsverletzungen. Bei Kontakten mit der

Öffentlichkeit greift der Kommissar/die Kommissarin wo immer möglich auf die

Menschenrechtsstrukturen in den Mitgliedstaaten zurück und arbeitet mit diesen

zusammen. Wo solche Strukturen nicht bestehen, fördert der Kommissar/die

Kommissarin ihre Einrichtung;

d) erleichtert die Tätigkeit nationaler Ombudspersonen oder vergleichbarer Stellen

auf dem Gebiet der Menschenrechte;

e) stellt etwaige Unzulänglichkeiten in Recht und Praxis der Mitgliedstaaten bezüglich

der Einhaltung der Menschenrechte fest, wie sie in den Rechtsinstrumenten

des Europarats enthalten sind, fördert deren tatsächliche Umsetzung durch die

Mitgliedstaaten und unterstützt diese mit ihrer Zustimmung in ihren Bemühungen

um die Behebung solcher Unzulänglichkeiten;

f) berichtet dem Ministerkomitee oder der Parlamentarischen Versammlung und

dem Ministerkomitee über spezifische Fragen, wann immer er/sie es für angezeigt

hält;

g) beantwortet in der von ihm/ihr für angemessen gehaltenen Weise Fragen des

Ministerkomitees oder der Parlamentarischen Versammlung im Zusammenhang

mit der Wahrnehmung ihrer Aufgabe, die Einhaltung der Menschenrechtsnormen

des Europarats zu gewährleisten.

h) legt dem Ministerkomitee und der Parlamentarischen Versammlung einen Jahresbericht

vor;

i) arbeitet mit anderen internationalen Einrichtungen zur Förderung und zum

Schutz der Menschenrechte zusammen, wobei er/sie unnötige Doppelarbeit vermeidet.

Artikel 4

Der Kommissar/Die Kommissarin berücksichtigt Äußerungen des Ministerkomitees

und der Parlamentarischen Versammlung zu seiner/ihrer Tätigkeit.

Artikel 5

(1) Der Kommissar/Die Kommissarin kann aufgrund jeder Information tätig werden,

die seinen/ihren Aufgabenbereich betrifft. Hierzu gehören insbesondere Informationen,

die er/sie von Regierungen, nationalen Parlamenten, nationalen Ombudsperso205

nen oder vergleichbaren Stellen im Bereich der Menschenrechte, Einzelpersonen und

Organisationen erhält.

(2) Die Einholung von Informationen, die für die Ausübung des Amtes des Menschenrechtskommissars

von Bedeutung sind, darf nicht zu einem allgemeinen System der

Berichterstattung durch die Mitgliedstaaten führen.

Artikel 6

(1) Die Mitgliedstaaten erleichtern dem Kommissar/der Kommissarin die unabhängige,

wirksame Ausübung seines/ihres Amtes. Insbesondere erleichtern sie die Kontakte

des Kommissars/der Kommissarin, einschließlich der Reisen, im Rahmen seines/ihres

Auftrags und erteilen rechtzeitig die erbetenen Informationen.

(2) Der Kommissar/Die Kommissarin genießt bei der Ausübung seines/ihres Amtes die

Vorrechte und Immunitäten, die in Artikel 40 der Satzung des Europarats und in den

aufgrund jenes Artikels geschlossenen Übereinkünften vorgesehen sind.

Artikel 7

Der Kommissar/Die Kommissarin kann mit den Regierungen der Mitgliedstaaten des

Europarats unmittelbar Kontakt aufnehmen.

Artikel 8

(1) Der Kommissar/Die Kommissarin kann Empfehlungen, Stellungnahmen und Berichte

herausgeben.

(2) Das Ministerkomitee kann die Veröffentlichung von Empfehlungen, Stellungnahmen

und Berichten, die ihm zugeleitet werden, gestatten.

Artikel 9

(1) Der Kommissar/Die Kommissarin wird von der Parlamentarischen Versammlung

mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen aus einer vom Ministerkomitee aufgestellten

Liste mit drei Bewerbungen gewählt.

(2) Die Mitgliedstaaten können durch Schreiben an den Generalsekretär des Europarats

Bewerbungen vorlegen. Die Bewerber und Bewerberinnen müssen Staatsangehörige

eines Mitgliedstaats des Europarats sein.

Artikel 10

Die Bewerber und Bewerberinnen müssen herausragende Persönlichkeiten von hohem

sittlichen Ansehen sein, die anerkannte Sachkenntnis auf dem Gebiet der Menschenrechte

haben, für ihr Bekenntnis zu den Werten des Europarats bekannt sind

und die erforderliche persönliche Autorität besitzen, um die Aufgaben des Menschen-

rechtskommissars wirksam erfüllen zu können. Während der Amtszeit darf der Kommissar/

die Kommissarin keine Tätigkeit ausüben, die mit den Erfordernissen der Vollzeitbeschäftigung

in diesem Amt unvereinbar ist.

Artikel 11

Der Kommissar/Die Kommissarin wird für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt;

Wiederwahl ist nicht möglich.

Artikel 12

(1) Im Generalsekretariat des Europarats wird ein Büro des Menschenrechtskommissars

des Europarats eingerichtet.

(2) Die Ausgaben für den Menschenrechtskommissar und das Büro werden vom Europarat

getragen.

 

Quelle: http://www.bmj.bund.de/media/archive/255.pdf (Seite 203)