Stefan Fügner Im Alten Graben 20B
64673 Zwingenberg
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Fügner Im Alten Graben 20b 64673 Zwingenberg

An das
Bundesministerium der Justiz
Frau Bundesministerin Brigitte Zypries
Mohrenstr.37

10 117 Berlin



vorab per Fax 030 20 25 - 95 25
-
Datum, 24.10.2003

Anpassung des Rechtsberatungsgesetzes - Änderungsbedarf -


Sehr geehrte Frau Ministerin Zypries,

der Presse habe ich entnommen, daß Sie zahlreiche Verbände aufgefordert haben, ihren Änderungsbedarf zur Anpassung des Rechtsberatungsgesetzes (RberG) an die aktuellen gesellschaftlichen Bedürfnisse mitzuteilen.

Da ich keinem Berufs- oder Interessenverband angehöre, erlaube ich mir unaufgefordert meine persönlichen Änderungswünsche mitzuteilen.


1. Einleitung:

In den letzten Jahren bin ich immer wieder mit dem RberG in Konflikt geraten. Zahlreiche Rechtssuchende wandten sich in Fragen der Gebäudenebenkosten aufgrund der Liberalisierung der Energiemärkte an mich. Obwohl mir durch die Stellungnahme Ihres Ministeriums vom 28.11.2000 zu meiner Petition vom 26.10.2000 Pet 4-14-07-37-028039 erklärt wurde, meine Tätigkeit sei mit dem RberG vereinbar, verurteilte mich das OLG Brandenburg/Havel wegen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten (AZ 7 U 109/01).
Seitdem kann ich meinen Beruf nicht mehr ausüben.


2. Gründung des Instituts für Rechtskunde:

Ich beabsichtige nun die Gründung eines Instituts für Rechtskunde. Ich habe erkannt, daß durch das RberG dem Bürger der Zugang zu Kenntnissen der allgemeinen Rechtskunde verwehrt wird. Internationale Studien haben ergeben, daß die Kenntnisse des Bundesbürgers über die Justiz im Vergleich anderer OECD Staaten mangelhaft sind. Die Studien kommen außerdem zu dem Ergebnis, daß große Teile der Bevölkerung im Gegensatz zu anderen Ländern kein Vertrauen in die deutsche Justiz und deren Organe haben.
Es ist erschreckend, immer wieder die Erfahrung zu machen, daß vielen Bürgern banale Grundkenntnisse der Rechtskunde fehlen.
Ich erlaube mir von einem juristischen Analphabetismus in breiten Schichten der Bevölkerung zu sprechen.
Ich sehe den Grund darin, daß jeder Lehrer, der das Fach Rechtskunde lehren möchte, sich sofort der illegalen Rechtsberatung schuldig macht.
Somit ist durch das RberG allen Schulen die Möglichkeit genommen, unseren Kindern die Materie der Rechtswissenschaften näherzubringen. Die völlige Unkenntnis breiter Massen der Bevölkerung ist daher verständlich und ein Ergebnis des jahrelangen Festhaltens am RberG.


3. Ziel des Instituts für Rechtskunde:

Im ersten Schritt habe ich mir als Ziel gesetzt, als Dienstleister berufsbildenden- und weiterführenden Schulen, sowie Volkshochschulen das Wahlfach Rechtskunde anzubieten.
Im zweiten Schritt sollen dann die Lehrkörper obiger Schulen die Möglichkeit erhalten, sich auf dem Gebiet der Rechtskunde weiterzubilden, da ich selbst immer wieder erfahren muß, welche mangelhaften Kenntnisse Lehrer und Lehrerinnen auch der Sekundarstufe II auf dem Gebiet der Rechtskunde besitzen.


4. Lehrinhalte:

Als Lehrinhalte des angebotenen Unterrichts sollen nachfolgende Themen behandelt werden:
- Historie unserer Justiz.
- Die Bedeutung der Justiz für die heutige Zivilgesellschaft.
- Struktur unserer Justizverwaltung.
- Gliederung der Gesetze und deren Zweck.
- Organe der Rechtspflege und deren Zuständigkeiten.
- Rechte und Pflichten des Bürgers gegenüber den Organen der Rechtspflege.
- Besondere Rechte und Pflichten eines Anwalts gegenüber dem Rechtssuchenden.
- Besonderheiten des Berufsstandes der Rechtsanwälte.


5. Leistungen, die das Institut nicht erbringt:

- Rechtsberatung im Einzelfall.
- Hilfe bei Schriftsätzen.
- Vertretung vor Gerichten.
- Anwaltsvermittlung.
- Außergerichtliche Vergleichsverhandlungen.




6. Anforderungen an die Mitarbeiter des Instituts:

An die Mitarbeiter des Instituts werden aufgrund der Komplexität der Thematik besondere Anforderungen gestellt. Primär muß der Mitarbeiter über hohe autodidaktische Fähigkeiten verfügen. Nur sekundär ist das fachspezifische Wissen des Juristen ausschlaggebend, um den Schülern die Grundlagen zu vermitteln.
Dies ist bei der Gesetzesänderung des RberG besonders zu berücksichtigen, da vielen Berufsverbänden die Ausweitung der Erlaubnis der Rechtsberatung auf Nichtjuristen zu weit geht.


7. Zusammenfassung:

Ich sehe den Grund für den Bedarf meiner Dienstleistung darin, daß das RberG seit seiner Verabschiedung im Jahre 1935 dem Bürger die Möglichkeit genommen hat, sich ein juristisches Allgemeinwissen anzueignen. Durch meine Tätigkeit für eine Rechtsanwaltskanzlei habe ich immer wieder die Hilflosigkeit der Mandanten aufgrund völliger Unkenntnis der Materie erleben müssen. Fast alle Mandanten waren durch die fehlenden Grundkenntnisse beim Gespräch mit dem Anwalt völlig überfordert.
Zudem habe ich Einblick in die Kosten und Ertragsstrukturen einer Kanzlei erhalten.
Die knapp bemessenen Honorare reichen bei weitem nicht aus, dem Rechtssuchenden die notwendigen Grundkenntnisse zu vermitteln. Zudem verfügen die meisten Anwälte durch ihre Ausbildung über keinerlei didaktische Fähigkeiten. Das Unterrichtsfach „Wie führe ich ein Mandantengespräch“ gibt es an keiner Hochschule.
Aus meiner Sicht kann die fehlende Kommunikation zwischen der Justiz und dem Bürger nicht durch hohe Fachkompetenz verbessert werden, sondern nur durch Personen, die dem Bürger die komplexe Materie der Rechtswissenschaften durch hohe didaktische Fähigkeiten näherbringen.
Sollte bei der Änderung des RberG abermals die Rechtsberatung ausschließlich Volljuristen vorbehalten sein, werden wir an der Unkenntnis breiter Schichten unsere Gesellschaft über die Justiz nichts ändern.

Ich bitte Sie deshalb, meine oben aufgeführten Bedenken und Anregungen bei der Gesetzesänderung zu berücksichtigen.

Bitte bestätigen Sie mir den Eingang dieses Schreibens.

Mit den besten Wünschen und freundlichen Grüßen




Stefan Fügner

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