in English: http://www.access-info.org/
Norsk: http://wkeim.bplaced.net/files/coe-tad-071015-no.htm
Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, 15. Oktober 2007:
An
Frau Almut
WITTLING-VOGEL (CDDH)
Justizministerium
Mohrenstraße 37
D-10117 Berlin
Kopie: Günter Nooke, Bundesbeauftragter für Informationsfreiheit, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Bundestagsfraktionen, deutsche Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, deutsche Presse
Der erste Vertrag der Welt, um das Recht des Zuganges zu den
Informationen der öffentlichen Verwaltung zu garantieren, z. Z.
vom Europarat ausgearbeitet, riskiert unterhalb der
vorherrschenden europäischen Standards zu fallen. Das ist die
übereinstimmende Meinung der Organisationen der
Zivilgesellschaft und Bürgerrechtsorganisationen in Europa. Der
Vertrag "europäische Konvention über Zugang zu den
öffentlichen Dokumenten" (European Convention on
Access to Official Documents) wird von einer Gruppe von
Fachleuten erarbeitet, gewählt durch 15 der 47 Regierungen, die
Mitglieder des Europarats sind. Der Gruppe der Fachleute hat am
9.-12. Oktober in Straßburg ihre letzte Arbeitssitzung abhalten.
Der zukünftige europäische Vertrag auf Zugang zu den Dokumenten
der öffentlichen Verwaltung stellt ein Recht dar, um Einsicht in
"amtliche Dokumente" zu erhalten, die breit definiert
wird als alle Informationen, die durch öffentliche Behörden in
jeder möglichen Form vorliegen. Auf der positiven Seite sichert
die zukünftige Regelung, dass das Recht "zu den amtlichen
Dokumenten" von allen Personen ohne Notwendigkeit, ein
bestimmtes Interesse an den erbetenen Informationen geltend zu
machen, ausgeübt werden kann und keine Gebühren für das
Stellen von Anträgen und das Betrachten von Dokumente anfallen.
Jedoch hat der Vertragsentwurf drei Hauptmängel:
1. Das Versäumnis alle amtlichen Dokumente von gesetzgebenden Körperschaften und Gerichtsbehörden einzuschließen, innerhalb der obligatorischen Vertragspflichten;
2. Das Versäumnis amtliche Dokumente einzuschließen, die von natürlichen und zugelassenen Personen verwaltet werden, innerhalb der obligatorischen Vertragspflichten;
3. Das Versäumnis bestimmte grundlegende Kategorien amtlicher Dokumente zu definieren, wie finanzielle oder behördliche Informationen, die proaktiv veröffentlicht werden müssen.
Das Recht auf Zugang zu Informationen der öffentlichen
Verwaltung wird gegenwärtig von mehr als 70 Staaten der Welt
gesetzlich geregelt. Zusätzlich haben ca. 30 Staaten
ausschließlich verfassungsrechtliche Regelungen. Im Bereich des
Europarates haben 24 der 47 Mitgliedsstaaten das Recht auf Zugang
zu Informationen der öffentlichen Verwaltung in der Verfassung
gesichert (z. B. hat Norwegen 2004 seine Verfassung um diese
Recht erweitert); International wurde das Recht auf Information
der öffentlichen Verwaltung als Menschenrecht bestätigt
sowohl in nationalen Verfassungen und Rechtsprechung als auch
durch die speziellen Repräsentanten der Meinungsfreiheit der
Vereinten Nationen, der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa und der Organisation Amerikanischer
Staaten am 6 Dezember 2004 (Anlage 5: siehe Text hier). Im September 2006 hat der Interamerikanische
Menschenrechtsgerichtshof (Anlage 6: Entscheidung in Englisch hier) das
Menschenrecht auf Zugang zu Information anerkannt.
Zusätzlich zu diesen 3 ersten Unzulänglichkeiten hat der Konventionsentwurf weitere Schwächen:
4. Fehlen einer Garantie, dass Einzelpersonen Zugang zu einer Beschwerdestelle haben, die das Recht hat die Behörden anzuweisen, amtliche Dokumente freizugeben.
5. Fehlen einer Garantie, dass Einzelpersonen in der Lage versetzt werden, gegen Verletzungen des Rechtes des Zuganges zu klagen, die nicht als "Ablehnung" eines Antrags gelten (wie nicht gerechtfertigte Ablehnungen, Zugang auf eine fristgerechte Art und Weise oder in die Form zur Verfügung zu stellen, die vom Bittsteller bevorzugt wird).
6. Unbestimmte Definition von Ausnahmen der Einsicht in amtlichen Dokumente wegen interner behördlicher Entscheidungsfindung und der Befreiung wegen Geschäftsinteressen:
a. Es gibt keine Einschränkung bei der Anwendung der internen behördlichen Entscheidungsfindung; solche Dokumente können aus unbestimmten Gründen zurückgehalten werden, selbst nachdem eine abschließende Entscheidung über die Angelegenheit getroffen worden ist;
b. Der Vertrag sollte nur "berechtigte Geschäftsinteressen schützen," nicht alle "Geschäftsinteressen," wie am gegenwärtigen Entwurf.
7. Fehlen einer Anforderung, gesetzliche maximale Zeiten zu definieren, innerhalb deren Anträge bearbeitet werden müssen.
Von speziellen Interesse ist hier der gerichtliche Schutz des
Rechtes von Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung
(Punkt 4). Der gegenwärtige Entwurf der Sachverständigen
bewilligt Bewerber deren Antrag zu Information verweigert worden
ist "Zugang zu einem Verfahren vor einem Gericht oder einer
anderen unabhängigen und unparteiischen Stelle, die gesetzlich
etabliert ist." Er kann beschließen nicht jedoch, dass die
nichtgerichtlige Stelle die zugelassene Autorität haben soll,
die Freigabe der amtlichen Dokumente zu verfügen. In Ermangelung
solch einer Garantie, würde das theoretische Recht des Bewerbers
auf Zugang wirkungsvollen Gerichtsschutzes verweigert - in
Verletzung von einem der grundlegenden Menschenrecht.
Deshalb fordern europäische Nichtregierungsorganisationen:
1. Include all official documents held by legislative bodies and judicial authorities, irrespective of their nature, within the mandatory scope of the treaty;
2. Include all documents held by natural and legal persons insofar as they perform public functions within the mandatory scope of the treaty, if necessary further defining the meaning of public functions;
3. Introduce a provision that requires regular, proactive publication of certain basic, specifically defined categories of official documents including information about the structure of each government body, personnel, activities, rules, guidance, decisions, and public procurement;
4. Introduce a guarantee that individuals will have access, in all cases, to an appeals body with the power to order government agencies to disclose official documents and ensure compliance with the right of access;
5. Introduce language to the effect that in addition to a right to appeal against a denial of a request, individuals shall have the right to appeal all administrative actions or omissions that violate their right to information;
6. Redraft the exemptions relating to internal deliberations and commercial interests to ensure:a. that there is a time limit on the applicability of the internal deliberations exemption (i.e. following the conclusion of internal deliberations on a matter or within a reasonable period thereafter);
b. that the treaty refers to legitimate commercial interests only;7. Introduce a requirement that states set statutory maximum time-limits within which requests must be processed.
Nachdem die Gruppe der Fachleute am 12. Oktober ihre Arbeit
abgeschliossen hat, wird der Vertragsentwurf weitergeleitet zur
Zustimmung und etwaige Annahme im Koordinationsausschuss für
Menschenrechte des Europarates (der wahrscheinlich den Entwurf am
8. November behandelt) um dann vom Ministerrat des Europarates
schon in dem ersten Viertel des Jahres 2008 verabschiedet zu
werden.
Deutschland
und Frankreich haben sich im Januar 2006 gegen eine bindende Konvention
ausgesprochen, wurden aber überstimmt. (Anlage 4: Access Info Europe:
"To
read a bit more about the drafting process click here ").
(Quelle: Ausschnitte aus http://www.access-info.org/)
Der Menschenrechtsbeauftragte des Europarates hat Deutschland besucht und am 11.7.07 seinen Bericht publiziert (Anlage 3). Dabei empfiehlt er u. a.:
Mit freundlichen Grüßen
Walter Keim
Anlage:
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Informationsfreiheit in Europa: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz, hellgrün: Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung in Verfassung