"Das Recht auf Zugang zur Information ist Teil der von
durch Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützten
Meinungs-, Medien- und Informationsfreiheit, von der der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte sagt, dass sie ein konstituierendes
Element einer demokratischen Rechtsordnung darstellt. Nur eine
transparente Informationspolitik des Staates und seiner Parteien und
Interessensverbände sowie effektiv durchsetzbare Rechtsansprüche auf
Information können aber den Anforderungen einer pluralistischen
Demokratie gerecht werden, für die lebendige und sachlich fundierte
Debatten essentiell sind."
Auch in Deutschland gewinnt der Gedanke der proaktiven Veröffentlichungen
an Boden. In Hamburg hat das Bündnis "Transparenz
schafft Vertrauen" eine Volksinitiative auf den Weg gebracht, die
von der Bürgerschaft weitgehend übernommen wurde und ein sehr
fortschrittliches Transparenzgesetz mit proaktiven Veröffentlichungen
durchgesetzte. Auch in NRW,
Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern,
Baden-Württemberg,
Bremen
und Bayern gibt er
ähnliche Bestrebungen für Transparenzgesetze.
Der Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung ist nun ein
anerkanntes Menschenrecht gemäß Zivilpakt [1,
3,
4, 5, 8] und der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [6] aufgrund der
Europäischen Konvention für Menschenrechte (EKMR) [2],
wird international als Voraussetzung für die Demokratie angesehen und ist
wichtig im Kampf gegen Korruption [7].
Dies wird auch von der juristischen Literatur anerkannt (9,
10).
Legt man internationale Mindeststandards maximaler Offenheit, rascher
Antwort und geringer Kosten beim Menschenrecht Informationszugang zugrunde
haben 88 Saaten mit ca.
5,5
Milliarden, d. h. 78 % der Bürger auf der Welt haben ein besseres
Informationsfreiheitsgesetz als deutsche Bürger im Bund (http://www.rti-rating.org/country-data/).
Mehr als 125 Staaten mit mehr als 5,9
Milliarden Einwohnern, d. h. 84% der Weltbevölkerung haben entweder
Informationsfreiheitsgesetze oder entsprechende Verfassungsbestimmungen.
In 5 Bundesländern d. h. der Hälfte der Bevölkerung in Deutschland fehlen
generelle (über Verbraucherinformation und Umweltinformation
hinausgehende) Informationsfreiheitsgesetze.
Eine Vereinfachung der Antragstellung ist vollständige Listen von
Metadaten aller Dokumente zu veröffentlichen. Damit ist kostenloser Zugang
innerhalb von Tagen möglich, z. B in Skandinavien.
Wie erreicht man in Skandinavien kostenlose und rasche Antworten
für Akteneinsicht?
So geht das heute in Skandinavien, das den Informationszugang zu amtlichen
Dokumenten vor mehr als 245 Jahren entwickelte:
Unter Berücksichtigung des Datenschutzes sind Beschreibungen aller (2,5
Millionen) Dokumente der norwegischen Staatsverwaltung der
letzten 2,5 Jahre suchbar (siehe: oep.nohttp://www.oep.no/nettsted/fad/OM-OEP.html?lang=en
) im Internet veröffentlicht. Journalisten hatten diese Möglichkeit
schon seit etwa 20 Jahren mit 8 Millionen Dokumenten in der Database.
Der Antragsteller sucht, findet und bestellt elektronisch die
Dokumentnummer, die Behörde hat wenig Arbeit das innerhalb von 1 bis 3
Tagen elektronisch zuzusenden. Das ist für den Antragsteller
kostenlos.
Diese Vereinfachung für Antragssteller und Verwaltung trägt Früchte:
2012
gab es 201 459 Anfragen, d. h. ca. 4 111 Anfragen pro 100.000
Einwohner pro Jahr (http://wkeim.bplaced.net/files/Norway_number_of_requests.html).
In Deutschland werden weniger als 4 Anfragen pro 100.000 Einwohner pro
Jahr bearbeitet.
Eine Anfrage kann theoretisch bis zu 100 Dokumente umfassen.
Journalisten haben geschrieben, dass typisch 3 bis 5 Dokumente umfasst
werden, d. h. also zwischen 600 000 und 1 Million Dokumente per Jahr.
Was deutschen Bürokraten möglicherweise ein Alptraum wäre ist
norwegischen eine "extra
Freude" da es sich um ein "demokratisches Recht" handelt.
Bedauerlicherweise wird darüber nicht berichtet. Ganz im Gegenteil hat die
Presse die Öffentlichkeit einer Gehirnwäsche unterzogen, dass
Akteneinsichtsverweigerungen und fehlende Informationsfreiheitsgesetze
normal sind. Deutsche NGOs trauen sich bisher nicht einer gehirngewaschen
Öffentlichkeit den Informationszugang als Menschenrecht zu präsentieren.
Es gibt deshalb offensichtlich viel zu tun: Hier sind in Deutschland viele
Verbesserungsmöglichkeiten vorhanden.
OSZE, April 2012: COMMENTS ON THE DRAFT LAW ON TRANSPARENCY, ACCESS
TO INFORMATION AND GOOD GOVERNANCE OF SPAIN: http://www.osce.org/fom/89577
("International documents (...) state that access to information is a
fundamental human right and an essential condition for all democratic
societies.")
Allgemeine Kommentar (Nr. 34) des Menschenrechtsausschuss der
Vereinten Nationen am 21. Juli 2011 zu Artikel 19 des Internationalen
Pakts über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR): http://merlin.obs.coe.int/iris/2011/10/article1
(Das Recht auf Zugang zu behördlichen Informationen wird detailliert
betrachtet; um diesem Recht Nachdruck zu verleihen, werden Staaten
ermutigt, „staatliche Informationen von öffentlichem Interesse
proaktiv öffentlich zu machen“. Staaten sollten ebenfalls „alle
Anstrengungen unternehmen, einen einfachen, schnellen, effektiven und
praktikablen Zugang zu solchen Informationen sicherzustellen (z. B.
mit Hilfe von Informationsfreiheitsgesetzen)“.)
Partsch, Christoph, Die Entwicklung eines
presserechtlichen Auskunftsanspruchs in der Rechtsprechung des EGMR zu
Art. 10 EMRK, AFP
2013, 214-215 und NJW
Heft 39/2013
Anlage: CDU/CSU regierte Bundesländer sind der
Schandfleck bezüglich der Informationsfreiheit in Europa. Bild unten:
Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün:
Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in
Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.