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Nazi-Gesetz und kein Ende

Wenig Fingerspitzengefühl zeigte die Nürnberger Justiz, als sie den Juden und ehemaligen Mitarbeiter der ,,Jüdischen Wochenzeitung" GÖTZ BOCKMANN ausgerechnet aufgrund eines Gesetzes antisemitischer Herkunft verurteilte, weil er jüdischen Zuwanderern vor deutschen Behörden mit Rat und Tat zur Seite stand.
Für Amtsrichter KLAAS WERNER war der Fall im November 2001 juristisch unproblematisch und der Tatbestand eindeutig: Unerlaubte geschäftsmäßige Rechtshilfe. Daraufhin verhängte er eine Geldbuße über 900 DM, kein Pappenstiel für einen Arbeitslosen. Niemand bezweifelt, daß die Nürnberger Justiz korrekt verfahren war, auch wenn sich andere Möglichkeiten geboten hätten, um den Fall ohne großes Aufheben sang- und klanglos aus der Welt zu schaffen. So beschäftigt das Schicksal des GÖTZ BOCKMANN auch das Ausland, und Argwohn kommt auf, was alles nicht hätte sein müssen.
Wegen seiner schlechten Vermögensverhältnisse wurde BOCKMANN zugestanden, die Geldbuße in Raten abzutragen. Diese Geste justizieller Großzügigkeit mochte der jüdische Journalist zunächst nicht annehmen, weil er sich als Opfer eines Gesetzes sah, das eine Rechtstradition des NS-Staats fortschreibt.
Tatsächlich wurde das Rechtsberatungsgesetz im Dezember 1935 im Gefolge der Nürnberger Rassengesetze erlassen. Ausführungsbestimmungen sorgten dafür, daß jüdische Anwälte und Richter, die ,,aus rassischen Gründen" nicht mehr tätig sein durften, meist auch bedrängten Leidensgenossen nicht mehr vor Gericht beistehen durften. Die Ausführungsbestimmungen wurden 1945 aufgehoben, das NS-Gesetz blieb.
Gegen den Juden BOCKMANN wurde die Erzwingungshaft verhängt, obwohl er mit der anfangs verweigerten Ratenzahlung doch noch begonnen hatte. Die Bewilligung der Ratenzahlung wurde mit der Empfehlung aufgehoben, daß er sich einschränken solle, um die volle Summe auf einmal bezahlen zu können.
Gleichwohl muß BOCKMANN sein winziges Zimmer, das er im Winter aus Geldmangel nicht beheizen kann, nicht gegen eine Haftzelle tauschen. Aber nicht, weil die Nürnberger Justiz Einsicht gezeigt hätte, sondern weil der ehemalige Richter am Oberlandesgericht Braunschweig, Dr. HELMUT KRAMER, die restliche Geldbuße aus eigener Tasche zahlte.
Ex-Richter KRAMER weiß, wie es einem geht, der sich uneigennützig für Hilfsbedürftige einsetzt. Auch er handelte sich wegen unerlaubter Rechtsberatung eine Geldbuße ein. Allerdings wurde ihm auch das Bundesverdienstkreuz umgehängt, weil er im Ruhestand für die Aufhebung von NS-Todesurteilen kämpfte.
 

Quelle: ZAP Anwaltsmagazin, Ausgabe: 13/2003:  http://zap.live.innobyte.de/index.php?id=207&fromUid=207&DB[tt_products][uid]=728&zapsid=f020b9e9f8e5e28532c706518f1299b0

PS: Dieses Verfahren wurde am 13. November 2002 unter dem Aktenzeichen 40901/02 beim EGMR anhängig.

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