Warum fördert die Mehrheit im Sächsischen Landtag den Gedanken des "Raums der Freiheit" (KOM (2002) 247) mit "Garantien für die Achtung (...) der Menschenrechte" in Europa (Agentur der Europäischen Union für Grundrechte COM(2005)280) nicht?

Walter Keim, E-Mail: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, 18. März 2006

 

Fraktion DIE LINKE.PDS
Fraktion im Sächischen Landtag
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1
D-01067 Dresden

Gesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung und die Freiheit des Zugangs zu Informationen (Sächsisches Öffentlichkeitsgesetz)

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich danke Ihnen für Ihre Mitteilung vom 15.3.06, in der Sie mich über Ihren Gesetzentwurf über ein Gesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung (Drs. 4/0466 und 3/3473) und die 2. und 3. Lesung dieses Entwurfs am 8.12.05 im Sächsischen Landtag informieren.

Ich habe das Material mit großem Interesse gelesen.

Sowohl der Bürgerrechts- als auch Grundrechts- und Menschenrechtscharakter des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung und Herleitung aus demokratischen Grundsätzen wird in Ihrer Begründung genannt. Dabei folgt der Titel "Öffentlichkeit der Verwaltung" der Skandinavischen Tradition, der sich auch die Niederlande und die Schweiz anschlossen. Dieser Gedanke wurde in Deutschland schon 1830 von Carl Gustav Jochmann entwickelt.

Besonders bemerkendswert aus meiner Sicht ist, dass sie die verfassungsmässige Verankerung auf die Tagesordnung setzen. Das habe ich im Jahre 2005 auch im Bund vorgeschlagen. Bis jetzt sehen beispielsweise Gerichte Eigentumsrechte so hoch eine, dass die Vertuschung von Verbraucherbetrug gerechtfertigt wird. Das Oberverwaltungsgericht in Schleswig-Holstein (Beschluss 22. Juni 2005, Az: 4 LB 30/04) stuft Gesetzesverstöße (Verkauf von Mogelpackungen) als Betriebsgeheimnis ein: ""Weil der Verbraucherschutz kein Rechtsgut von Verfassungsrang ist, muss er grundsätzlich hinter von Art. 14 GG (Eigentumsrecht) geschützten Rechtspositionen zurücktreten und kann auch im vorliegenden Einzelfall die Belange der betroffenen Unternehmen nicht überwiegen." Damit wurde Akteneinsicht gemäß dem Informationsfreiheitsgesetz von Schleswig-Holstein abgelehnt. Deshalb haben Sie mit Recht den Fleischskandal erwähnt, der ähnliche juristische Problemstellungen aufwirft, die durch die verfassungsrechtliche Verankerung besser im Sinne des Verbraucherschutzes gelöst werden.

Dieser sehr soliden Begründung folgt ein mutiger bürgerfreundlicher Entwurf mit weitgehenden Einsichtsmöglichkeiten, den ich sehr begrüsse. Die Handhabung des Bundes-IFG (€ 107 für 4 Kopien) unterstreicht das.

Leider geriet die Resonnanz bei den anderen Parteien sehr zaghaft und kleinkarriert. Trotz genereller Zustimmung wurde beispielsweise bemäkelt, dass Sie anderen zuvor gekommen seien: Kein überzeugendes Argument Bürgerrechte scheitern zu lassen.

Aber ohne Zweifel gehört der Informationsfreiheit die Zukunft und die Entwicklung wird Ihnen Recht geben.

Neben Informationsfreiheitsgesetzen in 4 Bundesländern sind auch in Mecklenburg-Vorpommern, Bremen (SPD-CDU Koalition), Hamburg (durch CDU Fraktion) solche Gesetze in der parlamentarischen Beratung und die Regierung des Saarland (CDU) hat ein Informationsfreiheitsgesetze versprochen. Dann fehlen solche Gesetze noch in 8 von 16 Bundesländern.

International haben nun mehr als 65 Staaten sowohl in der EU, in Europa, der OSZE, der OECD sowie fast alle entwickelten zivilisierten Länder   Informationsfreiheitsgesetze verabschiedetMehr als die Hälfte dieser Staaten hat dieses Menschenrecht in der Verfassung verankert. Darüber hinaus haben ca. 40 Staaten entsprechende Verfassungsgarantien ohne konkrete gesetzliche Ausformung.

Ich danke Ihnen für diesen sehr guten Verschalg eines Sächsisches Öffentlichkeitsgesetzes, mit dem Sie neue Massstäbe gesetzt haben.

Mit freundlichen Grüßen

Walter Keim

Kopie: Fraktionen der 11 Landesparlamente ohne Informationsfreiheit

Anlage: Petition 1-15-06-10000-037433: Verfassungsrechtliche Gewährleistung des allgemeinen Aktenzugangs (Bundestag)

Antwort: 06.04.06: Der Sächsische Landtag kann der Petition nicht abhelfen.

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Anlage: Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.

Informationsfreiheitgesetze in Europa

 

Informationsfreiheit in Europa