Aus dem Internet Diskussionsforum über Informationsfreiheit: http://www.staat-modern.de/bmiphorum/read.php?f=8&i=304&loc=0&t=304

Informationsfreiheitsgesetz (IFG)

Die Informationsfreiheit verschafft allen Bürgern Zugang zu Akten und Informationen der Behörden, um die demokratischen Beteiligungsrechte zu stärken und das Verwaltungshandeln transparenter zu machen. Damit wird ein ausdrückliches Recht für jedermann auf Zugang zu amtlichen Informationen geschaffen.

IFGs in Europa: Hier klicken für Vergrösserung Die Informationsfreiheit wurde 1766 in Schweden eingeführt und hat heute dort Verfassungsrang. Nach Gesetzen 1951 in Finnland, (1766) 1949 in Schweden, 1966 in den USA, 1970 in Norwegen, 1985 in Dänemark und 1996 in Island ist das deutsche Informationsfreiheitsgesetz notwendig um mit der internationalen Entwicklung Schritt zu halten. Diese Entwicklung begrüße ich sehr.

Das Gesetz ist sehr überzeugend begründet: Übergang vom obrigkeitsstaatlichen Verhältnis zu mehr Partnerschaft zwischen Bürger und Verwaltung. Allerdings bin ich mir nicht sicher, dass man das Ziel so erreicht.
Ich muss - um meine Mutter zu besuchen - immer von Norwegen nach Deutschland fliegen. Dieser Flug dauert nur eine Stunde, doch habe ich sehr gemischte Gefühle, da mir das in vieler Hinsicht wie eine Reise in die Vergangenheit vorkommt. Nicht nur in meine Vergangenheit, sondern auch in die Vergangenheit Norwegens in der vieles fehlte, was ich heute nicht missen möchte.

Ich kenne das heutige schwedische Öffentlichkeitsgesetz nicht (englische Übersetzung und Beschreibung hier: Auch nach mehr als 230 Jahren hat die schwedische Verwaltung ihren Widerstand nicht völlig aufgegeben [siehe die letzten Sätze].), bin jedoch mit dem norwegischen Öffentlichkeitsgesetz (Auszug auf Deutsch, Englisch) und dessen Praktizierung etwas vertraut.

Meine Erfahrungen möchte ich in 3 Punkten zusammenfassen:

  1. Die norwegischen Bürger könnten theoretisch die gesamte norwegische Verwaltung total lahm legen, wenn Alle über Alles Einsicht fordern würden. Die geschieht nicht ! Deshalb glaube ich, dass die Erfahrungen einiger deutschen Bundesländer über geringe Kosten richtig ist: DIESE REFORM KOSTET FAST NICHTS.
  2. Norwegische Klage- und Aufsichtsbehörden geben Klagenden immer recht, falls Einsicht in erster Instanz verweigert wurde.
  3. Trotzdem (oder gerade deshalb?) möchte ich dieses Gesetz als das bei Bürokraten unpopulärste Gesetz bezeichnen. Immer wieder wird versucht die Einsicht zu sabotieren, obwohl eine Klage des Betroffenen sicher die Einsichtsverweigung aufhebt.

In der norwegischen juristischen Literatur, wird diese Merkwürdigkeit oft damit begründet, dass in den Klageinstanzen Juristen arbeiten, die die Gesetze besser kennen. Merkwürdig daran ist, dass Juristen (z. Beispiel des Norwegischen Justizministeriums) dann auch das Öffentlichkeitsgesetz auf den Kopf stellen, wenn die Einsicht Ihre eigene Arbeit betrifft. Dann kann ein Norweger den Ombudsmann anrufen, der (in den Fällen, die ich kenne) schreibt, dass er den Juristkollegen angerufen hat, und dass das nicht so gemeint gewesen sei. Alle Unterlagen werden dann an den Kläger zurückgeschickt. Ich erkläre das damit, dass der Ombudsmann rapportpflichtig dem Parlament gegenüber ist und deshalb seine Juristkollegen nicht verpfeifen will (in den eigene Unterlagen ist ja nichts mehr darüber zu finden).
Die norwegischen Bürger informieren sich gegenseitig übers Internet und wissen deshalb, dass man da skeptisch sein muss, wenn Juristen über sich selber oder Juristkameraden "richten" sollen.
Aufgrund dieser Erfahrungen kann ich mir gut vorstellen, dass es im Beschluss-Prozess der Gesetzgebung, aber besonders in der Realisierung Widerstand geben wird. (Der Berliner sagt: Nachtigall ich hör Dir trapsen)
Deshalb möchte ich die Frage stellen, welche Klagemöglichkeiten gibt es, falls Einsicht verweigert wird? Ich verstehe es so, dass Gerichte die Klageinstanz sind (§ 9 Rechtsweg). Wer nimmt den dort genannten "Widerspruch und Verpflichtungsklage" entgegen? In norwegischen Gesetzen wird immer die Klageinstanz benannt. Ist das ein Gericht? Ich kenne leider den "8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung" nicht, aber das hört sich doch wie ein Gericht an. Aber was mit den ca. 99 % der Bevölkerung, die nie vor Gericht ziehen? Ich habe etwas den Eindruck, dass in Norwegen 100% der Bevölkerung ohne weiteres einen kostenlosen Klageweg zur Verfügung haben, während das in Deutschland nur ca., die 1 % sind, die gewillt sind ihren Einsichtswunsch vor Gericht durchzusetzen. Sind diese Verfahren für den Klagenden kostenlos? Sind Sie sich sicher, dass die deutschen Bürokraten gesetzestreuer sind als die norwegischen? Wie sehen eigentlich die Stellungnahmen der Behörden aus?

In Norwegen hat die Verwaltung selber die Verpflichtung über Klagemöglichkeiten auf Nachfrage, aber auch wenn etwas abgeschlagen wird, hinzuweisen. Besonders positiv scheint mir eine einmonatliche Frist für eine Antwort (Um die richtige Pflegestufe durchzusetzen, musste ich Untätigkeitsklage beim Sozialgericht stellen, erst da kam eine Entscheidung, nach ca. 21 Monaten)

Zum Schluss möchte ich mich bedanken, dass Sie mir diese Möglichkeit geben mich zu äußern.

Dieser Gesetzesvorschlag zeigt, dass die Regierung Schröder den Willen hat, die Erstarrung der Kohl-Ära zu überwinden. Leider ist die Justizreform - trotz energischen Einsatzes der Justizministerin - teilweise gescheitert am Widerstand in den eigenen Reihen. Eine erfolgreiche Durchführung dieses notwendigen, positiven und zukunftsorientierten Gesetzes kann zeigen, dass die Regierung Schröder die notwendige Entschlusskraft besitzt um die Zukunft zu bewältigen (Wenn auch ca. 200 Jahre nach Schweden: Besser spät als nie :-) )

Dann ist ein Grund weg, dass eine Flugstunde von Norwegen nach Deutschland für mich wie eine Reise in die Vergangenheit aussieht.
Meine Mutter würde sich sicher freuen, öfters Besuch zu bekommen.

Mit freundlichen Grüßen

Walter Keim
E-Mail: walter.keim@gmail.com
Support freedom of information: http://wkeim.bplaced.net/foi.htm, http://wkeim.bplaced.net/petition_un.htm,
http://wkeim.bplaced.net/petition_eu.htm
Support patients rights: http://wkeim.bplaced.net/patients.htm#e-mail



Unterstützt das Informationsfreiheitsgesetz, mit folgender E-Mail an das Bundesministerium des Innern (hier klicken):
Ich unterstütze das Informationsfreiheitsgesetz da dadurch das Verwaltungshandeln transparenter wird, indem Bürger Zugang zu behördlichen Informationen bekommen. Die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger werden gestärkt gemäß dem Leitprojekt des Programms "Moderner Staat - moderne Verwaltung" unter Berücksichtigung des Datenschutzes.

(Leider wird nicht von allen Programmen der ganze Text übertragen aber natürlich kann dieser Text im E-Mail Programm beliebig geändert und ergänzt werden).

Informationsfreiheitsgesetze anderer Länder.

Anhang: (Auszug aus dem norwegischen)
Im Gesetz über die Öffentlichkeit in Verwaltungsangelegenheiten (Öffentlichkeitsgesetz) vom
19. Juli (Gesetz Nr. 69) 1970 (http://www.statkart.no/IPS/filestore/cd2003/lover/offent.html)

gilt folgender Grundsatz: Der Bürger braucht den Einsichtswunsch (§ 2) nur zu äußern (nicht zu begründen), das Verwaltungsorgan muss begründen falls die Einsicht abschlagen wird. (§ 9)

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