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Der Erfolgreichste im Leben ist der, der am Besten informiert ist. (Benjamin Disraeli)

Einschreiben
Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 19.2.06


An den Petitionsausschuss des
Deutschen Bundestages
Platz der Republik 1
D-11011 Berlin

Petition 1-15-06-10000-037433: Verfassungsrechtliche Verankerung der Informationsfreiheit


Sehr geehrter Damen und Herren,

für Ihren Brief vom 7.2.2006 danke ich Ihnen. Sie bitten um Mitteilung über die weitere Beratung auf der Basis der Stellungnahme des Innenministeriums (BMI) vom 20.1.2006

Das Bundesministerium des Innern informiert über die gegenwärtigen Regelungen und hält eine "darüber hinausgehende, ausdrückliche Verankerung des Rechts auf Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung" nicht für erforderlich. Dabei wird unter anderem auf Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG und das Rechtsstaatsprinzip hingewiesen.

Es wird auch darauf verwiesen, dass die meisten Grundrechte Abwehrrechts haben und eine entsprechende Verfassungsänderung nur deklamatorischen Charakter (siehe Weimarer Verfassung) habe.

Dies ist jedoch völlig falsch, da Art. 1 Abs. 3 GG die Exekutive bindet: "Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht". Damit würde beispielsweise das Oberverwaltungsgericht in Schleswig-Holstein (Beschluss 22. Juni 2005, Az: 4 LB 30/04) nicht mehr Gesetzesverstöße (Verkauf von Mogelpackungen) als Betriebsgeheimnis einstufen, die das dortige Informationsfreiheitsgesetz aushebelt und der Einsicht entzieht.

Dieses Staatsverständnis des BMI aus dem achtzehnten Jahrhundert übersieht, dass Demokratie Volksherrschaft ist, d. h. gemäß Art. 20 GG "Alle Macht vom Volke ausgeht". Um sich eine begründete Meinung zu bilden ist im Informationszeitalter das Menschenrecht der Informationsfreiheit (einschließlich des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung) unerlässlich.

Bei der Verteidigung des aus dem Obrigkeitsstaat stammenden Prinzip des Amtsgeheimnisses opfert das BMI also sowohl Demokratie als auch Menschenrechte. Mehr als 60 Staaten in der Welt haben Informationsfreiheitsgesetze verabschiedet, mehr als die Hälfte davon zusätzlich verfassungsmäßig verankert.

Am 6. Dezember 2004 haben der Spezialberichterstatter für Meinungsfreiheit der Vereinten Nationen und der Vertreter für Medienfreiheit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sowie der Spezialberichterstatter für Meinungsfreiheit der Organisation amerikanischer Staaten (OAS) in einer gemeinsame Erklärung zum Zugang zu Informationen und zur Geheimhaltungsgesetzgebung bestätigt, 9 dass die Informationsfreiheit ein Menschenrecht ist:

"The right to access information held by public authorities is a fundamental human right which should be given effect at the national level through comprehensive legislation (for example Freedom of Information Acts) based on the principle of maximum disclosure, establishing a presumption that all information is accessible subject only to a narrow system of exceptions."

Artikel 1 (2) GG lautet:

"Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt."

Offensichtlich bietet das BMI und die Sachbearbeiter Dr. Cordula Woeste und Dr. Henkel nicht die Gewähr dafür sich jederzeit für die Menschenrechte einzusetzen und stehen nicht auf dem Boden der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, des IPbürgR (Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte), der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte, Artikel 6 (1) des VERTRAGS ÜBER DIE EUROPÄISCHE UNION und der Charta der Grundrechte der EU. Diese Stellungnahme ist nicht nur eine Ohrfeige für Menschenrechte, sondern auch für die Mehrheit der Parlamentarier, die im Jahre 1993 im Zuge der Diskussion um eine Änderung des Grundgesetzes im Rahmen der Wiedervereinigung dafür waren, den Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung ins Grundgesetz aufzunehmen (BT Drucksache 12/6000, Kapitel 3.4).

Ich begrüße, dass Deutschland durch das Informationsfreiheitsgesetz im Bund einen Schritt in die richtige Richtung getan und sich international vom letzten auf den vorletzten Platz verbessert hat. Allerdings gibt es zu viele Ausnahmen, die Einsicht wird durch den Gebührenknüppel erschwert ( € 107 für 4 Kopie) und verletzt internationale Standards. Die Verankerung des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung  im Grundgesetz wird den Anschluss an die zivilisierte Welt schaffen.

Da das Innenministerium seine Mitarbeit total verweigert (wie schon bei der Ausarbeitung des IFG in den Jahren 1998-2005) schlage ich vor, dass der Bundestag mit dem Menschenrechtsbeauftragten des Europarates, dem Medianbeauftragten der OSZE Miklos Haraszti und der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte zusammenarbeiten.

Um auch Deutschen im Informationszeitalter selbstverständliche Menschenrecht  zu geben und Deutschlands Ansehen in der Welt zu bessern, sehe ich der parlamentarischen Beratung entgegen.


Mit freundlichen Grüßen

Walter Keim
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim
E-Mail: walter.keim@gmail.com
Support Freedom of Information: http://wkeim.bplaced.net/foil.htm#e-mail
Support Patients' Rights: http://wkeim.bplaced.net/patients.htm#e-mail

Anlage:

  1. 09.02.2006: € 107 für 4 Kopien: Wird die Informationfreiheit durch die Gebührenkeule behindert?

Diese Internetpublikation ist auch ein "Hearing": Gerne nehme ich Kommentare entgegen: walter.keim@gmail.com

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Ergebnis:

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Unterstützt die Informationsfreiheit als Grund- und Menschenrecht, mit folgender E-Mail an die Fraktionen des Bundestages (hier klicken):
Ich unterstütze die verfassungsmäßige Sicherung der Informationsfreiheit, da dadurch das Verwaltungshandeln transparenter wird, indem Bürger Zugang zu behördlichen Informationen bekommen.
Auch deutsche Bundesländer sollten wie alle anderen Staaten der EU die Informationsfreiheit einführen gemäß der Empfehlung (81) 19 des Europarates aus dem Jahre 1981.
Die Menschenrechtsorganisation ARTIKEL 19 stellt zusammenfassend fest, dass die Informationsfreiheit weitgehend als Menschenrecht anerkannt ist: http://www.juridicas.unam.mx/publica/rev/comlawj/cont/1/cts/cts3.htm. Den Deutschen wird dieses Menschenrecht in 12 Bundesländern vorenthalten.

(Leider wird nicht von allen Programmen der ganze Text übertragen aber natürlich kann dieser Text im E-Mail Programm beliebig geändert und ergänzt werden).

Warnung: Ich übernehme keine Gewähr für die Richtigkeit der gegebenen Informationen.

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Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. FOIA= Freedom of Information Act (Informationsfreiheitsgesetz)

 

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