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English on same subject: http://wkeim.bplaced.net/files/foi-de.htm
Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Almbergskleiva 64
NO-6657 Rindal, den 29.5.2013
An die Fraktionen des
Deutschen Bundestages
Platz der Republik 1
D-11011 Berlin
Kopie: Presse, Kanzleramt
CDU/CSU abwählen um zeitgemäße Informationsrechte, Open Data, Open
Government und Korruptionsbekämpfung erreichen zu können
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße den Vorschlag der SPD: "Entwurf
eines Gesetzes zu Stärkung von Informationsfreiheit und Transparenz unter
Einschluss von Verbraucher- und Umweltinformationen -
Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz" (BT
Drucksache 17/13467, 14. 05. 2013), der von den anderen Oppositionsparteien
unterstützt wurde. Darin wird das Recht auf Akteneinsicht für Bürger
gestärkt, der Staat zu mehr Transparenz verpflichtet und (pro-)aktive
Veröffentlichung (Open Data) vorgeschlagen.
Mehr als 125 Staaten mit mehr als
5,9 Milliarden Einwohnern d. h. 84 % der Weltbevölkerung haben entweder
Informationsfreiheitsgesetze oder entsprechende Verfassungsbestimmungen. Das
Menschenrecht des Informationszugangs wird international als Voraussetzung
einer Demokratie anerkannt (siehe Quelle
1: "International documents (...) state that access to information is
a fundamental human right and an essential condition for all democratic
societies.").
Trotz dieses enormen globalen demokratischen Fortschritts, verletzen viele
Gesetze internationale Mindeststandards.
Die Zehnte gemeinsame Erklärung der vier internationalen Sonderbeauftragten
für den Schutz der Meinungsfreiheit (UN, OAS, OSCE, ACHPR) vom 3. Februar
2010 [2] stellt
dazu fest:
Obwohl in den letzten zehn Jahren große Fortschritte bei
der Anerkennung des Rechts auf Information erzielt wurden, bleibt hier -
als vierte Herausforderung - noch viel zu tun... Viele Gesetze (zum
Recht auf Information), die verabschiedet wurden, genügen den internationalen
Mindeststandards nicht, und die Bemühungen, sie umzusetzen, sind
in vielen Ländern zu gering.
International rangiert das IFG des Bundes auf einem der letzten Plätze: 88
Staaten mit ca. 5,5 Milliarden (Anlage
A) d. h. 78 % der Bürger auf der Welt haben ein besseres
Informationsfreiheitsgesetz als deutsche Bürger im Bund (http://www.rti-rating.org/country-data/).
Das IFG des Bundes verfehlt internationale Mindeststandards.
Deshalb ist die Novellierung des IFG des Bundes notwendig um mit der
internationalen Entwicklung Schritt zu halten.
Nur die CDU/CSU verweigert sich beim Transparenzgesetz, bei Open Data, Open
Government und Korruptionsbekämpfung zeitgemäßen Lösungen:
- Das Versprechen des Koalitionsvertrages vom Jahre 2009 eines
"einheitlichen Gesetzes zur Regelung der Informationsansprüche des
Bürgers" wurde gebrochen.
- Auch beim Open Data Portal hat die CDU/CSU geführte Regierung versagt,
da GovData.de nicht wirklich
offen ist (Anlage
C). Gemeinsame
Erklärung: Den Standard endlich auf “Offen” setzen! (Anlage
D).
- Ein Beitritt zur internationalen Open Government Partnership steht
aus. Eine diesbezügliche Kanzlerrichtlinie um einen durchgreifenden
Kulturwechsel einzuleiten fehlt (Anlage E).
- Peter Schaar: E-Government-Gesetz weist erhebliche Defizite auf (Anlage
F)
- Die CDU/CSU verhindert bisher die Ratifizierung der UN
Konvention gegen Korruption, die in mehr als 160
Staaten mit mehr als 6,5 Milliarden Einwohnern gilt, nicht aber
von Deutschland.
In der Dissertation: "Rechtsvergleichung als Konfliktvergleich" wird das
deutsche Informationsfreiheitsgesetz aus Perspektive des US-amerikanischen
und finnischen Rechts evaluiert (Anlage
B). Dabei wird die 3 Generationen Theorie entwickelt und das IFG des
Bundes kritisiert:
(Es werden 3 Generationen
von Gesetzen unterschieden.) Die erste Generation von
Informationsfreiheitsgesetzen regelt lediglich das Recht auf Zugang zu
Verwaltungsinformationen. In einem zweiten Schritt versuchen Gesetzgeber
auf der ganzen Welt, den tatsächlichen Zugang zu verbessern. Die dritte
Generation bringt diesen Paradigmenwechsel: Es ändern sich die
Selbstwahrnehmung der Verwaltung wie die Erwartungen der Bürger an die
Verwaltung.
Die Informationszugangsgesetze der Vereinigten Staaten, Finnland und
Deutschland unterscheiden sich in wesentlichen Regelungen; insbesondere in
Fragen des modernen Informationsmanagements, so dass man von verschiedenen
Generationen von Informationszugangsgesetzen sprechen kann. (Seite 359)
In Schweden wurde der Informationszugang zu amtlichen Dokumenten vor mehr
als 240 Jahren (inspiriert
von Chinas Tang Dynastie des 7. Jahrhunderts) "erfunden". In Deutschland
beschrieb 1830 Carl
Gustav Jochmann den Gedanken der Öffentlichkeit
der Verwaltung. Leider wurden Demokraten damals als Demagogen
verunglimpft und von der fürst- und königlichen Polizei als Umstürzler
verfolgt. Andere Könige in Europa akzeptierten demokratische Rechte im
Rahmen konstitutioneller Monarchien. Die (Welt-)Geschichte hat Jochmann
Recht gegeben: Inzwischen haben mehr als 125
Staaten (https://www.rti-rating.org/country-data/)
mit mehr als 5,9 Milliarden Einwohnern, d. h. 84% der Weltbevölkerung
entweder Informationsfreiheitsgesetze oder entsprechende
Verfassungsbestimmungen.
Trotzdem lassen sich Verwaltungen in aller Welt sich nicht gerne in die
Karten schauen und versuchen deshalb die allgemeine Akteneinsicht zu
erschweren. Dabei beziehe ich mich auch auf mehr als 240
Jahre Erfahrung mit der Informationsfreiheit in Schweden. Trotzdem
hat die schwedische Verwaltung ihren Widerstand
nicht aufgegeben. Das schwedische Parlament kommt zum Ergebnis, dass
man streng sein muss: "Doch die Vorschriften sind so deutlich
abgefasst, die Einsichtnahme des Ombudsmannes des Reichstags so streng und
die Tradition so alt, dass diesem Widerstand im Ernstfall nicht
nachgegeben wird".
So geht das heute in Skandinavien, das den Informationszugang zu
amtlichen Dokumenten vor mehr als 240 Jahren entwickelte:
- Unter Berücksichtigung des Datenschutzes sind Beschreibungen aller
Dokumente der norwegischen Staatsverwaltung der letzten 2 Jahre suchbar
(siehe: oep.no http://www.oep.no/nettsted/fad/OM-OEP.html?lang=en
) im Internet veröffentlicht. Journalisten hatten diese
Möglichkeit schon seit etwa 20 Jahren.
- Der Antragsteller sucht, findet und bestellt elektronisch die
Dokumentnummer, die Behörde hat wenig Arbeit das elektronisch
zuzusenden. Das kostet für den Antragssteller nichts.
- Diese Vereinfachung für Antragssteller und Verwaltung trägt Früchte:
ca. 3 385 Anfragen pro 100.000 Einwohner pro Jahr (Anlage
I). In Deutschland werden weniger als 4 Anfragen pro 100.000
Einwohner pro Jahr bearbeitet.
- In Schweden werden Aktenpläne mit allen Dokumenten herausgegeben, die
Antwort mit den gewünschten Dokumenten sollte innerhalb 24 Stunden
gegeben werden. 99 % der Antragsteller sind Journalisten. (Anlage
J)
- Norwegen operiert mit 1 bis 3 Tagen Antwortfrist. Nach 5
Arbeitstagen kann wegen Untätigkeit beim (kostenlosen) Ombudsmann
geklagt werden.
Sowohl das Hamburger Transparenzgesetz als auch der SPD Vorschlag
"Informationsgesetz 2.0" (BT
Drucksache 17/13467, 14. 05. 2013) enthalten Inhaltsverzeichnisse der
veröffentlichten Dokumente. In Norwegen sind auch die Metadaten aller
Dokumente staatlicher Verwaltungen seit 20 Jahren für Journalisten und seit
2 Jahren für alle Bürger zugänglich. Dies vereinfacht auch die Arbeit der
Verwaltung sehr: Der Antragsteller findet selber die Dokumentnummer, die es
der Verwaltung einfach macht eine schnelle kostenfreie elektronische
Zusendung zu ermöglichen.
Die OSZE hat im April 2012 in ihren Kommentaren zum Entwurf eines
Transparenz- und Informationszugangsgesetzes in Spanien den
Menschenrechtscharakter des Informationszugangs dokumentiert, mit Hinweis
auf OSZE, Zivilpakt und EGMR [1].
Der Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung ist ein Menschenrecht
gemäß Zivilpakt [3,
6, 7] und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte [8] aufgrund der Europäischen Konvention für Menschenrechte
(EKMR) [4],
wird international als Voraussetzung für die Demokratie angesehen und ist
wichtig im Kampf gegen Korruption.
Die drei Sonderbeauftragten von UN, OSZE und AOS für den Schutz der
Meinungsfreiheit bestätigen in ihrer gemeinsamen Erklärung vom 6.12.2004,
dass die Informationsfreiheit ein Menschenrecht ist: [5]:
„Zugang zu Informationen der Behörden ist ein
fundamentales Menschenrecht, das auf nationaler Ebene durch eine
umfassende Gesetzgebung gewährleistet sein muss, die auf dem Prinzip der
größtmöglichen Offenlegung basiert."
In Hamburg hat das Bündnis "Transparenz schafft Vertrauen" eine
Volksinitiative auf den Weg gebracht, die von der Bürgerschaft weitgehend
übernommen wurde ein sehr fortschrittliches Transparenzgesetz mit proaktiven
Veröffentlichungen durchgesetzte (Anlage
G). Auch in NRW, Niedersachsen,
Mecklenburg-Vorpommern, Hessen,
Baden-Württemberg
und Bayern gibt er
Bestrebungen für Transparenzgesetze.
Die Abwahl der CDU hat sowohl in Baden-Württemberg als auch in Niedersachsen
den Informationszugang, Open Data und Open Government vorangebracht.
Mit freundlichen Grüßen
--
Walter Keim
Netizen: http://walter.keim.googlepages.com
UN Universal Periodic Review (UPR): http://wkeim.bplaced.net/files/foi-upr-de.htm
Will OSCE Support the Human Right of Access to Information in Germany by
Commenting ATI Laws: http://t.co/GmQy9V0U
Quellen:
- OSZE, April 2012: COMMENTS ON THE DRAFT LAW ON TRANSPARENCY, ACCESS TO
INFORMATION AND GOOD GOVERNANCE OF SPAIN: http://www.osce.org/fom/89577
- Zehnte gemeinsame Erklärung der vier internationalen
Sonderbeauftragten für den Schutz der Meinungsfreiheit (UN, OAS, OSCE,
ACHPR) vom 3. Februar 2010: http://merlin.obs.coe.int/iris/2010/5/article1
- Zugang zu amtlichen Dokumenten ist ein Menschenrecht der VN: https://www.right2info.org/international-standards#section-1
- Zugang zu amtlichen Dokumenten in Europäischer Konvention für
Menschenrechte: https://www.right2info.org/international-standards#section-5
- Gemeinsame Erklärung 2004 der drei Sonderbeauftragten von UN, OSZE und
AOS für den Schutz der Meinungsfreiheit: http://merlin.obs.coe.int/iris/2005/2/article1
- "General Comment No. 34 on Article 19 of the ICCPR" (Internationaler
Paktes über bürgerliche und politische Rechte, Zivilpakt): http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrc/comments.htm
(Deutsch: http://merlin.obs.coe.int/iris/2011/10/article1)
- Klagen bei den VN gegen Staaten, die gegen das Menschenrecht des
Zugangs zu amtlichen Dokumenten verstoßen: http://right2info.org/cases#section-6
- Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte: http://right2info.org/cases#section-2
Anlagen im Internet:
Antworten:
Entwicklung:
[Informationsfreiheit] [Petitionen] [Menschenrechtsverletzungen in
Deutschland]
[Zur Homepage]
Anlage: Informationszugangsgesetze in Europa:
Anlage: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün:
Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung.
Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.