Englishin English: http://wkeim.bplaced.net/files/060210aa-en.htm

Walter Keim, E-Mail: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, 30. April 2006

  

An den Bundesbeauftragten für den Datenschutz
und die Informationsfreiheit

Husarenstraße 30
D-53117 Bonn


Betreff: Praktizierung des Informationsfreiheitsgesetzes

 

Sehr geehrter Herr Schaar,

ich begrüße es dass Sie die Verwaltung aufrufen zu sehen, dass das Informationszugangsrecht zugleich der Verwaltung zusätzliche Möglichkeiten bietet zur Verbesserung ihrer Bürgernähe und zur weiteren Modernisierung ihrer Arbeitsabläufe. (Siehe Pressemeldung vom 28. September 2005 unter der Überschrift: "Freier Informationszugang – Stärkung der Bürgerrechte und Chance für die Verwaltung")

Ich beziehe mich auf meinen Antrag vom 10.2.06 und die Rechnung. 00001/06 die zeigte, dass der Verwaltungsaufwand (106,80 Euro) diesen Erlass zu finden schon angefallen ist.

Der Bürgerservice des Auswärtigen Amtes bestätigte die Annahme des Antrages am 11.2.06 und der Arbeitsstab Informationsfreiheit am 20.2.06 mit den Worten: "Die Gebühren können je nach Arbeitsaufwand des Auswärtigen Amtes zwischen 15 und 500 Euro betragen. Darüber hinaus sind eventuell entstehende Auslagen (für Kopien etc.) erstattungspflichtig."

Am 3.3.06 kam die Kopie des Erlasses. Am 4.3.06 wurde geben die Kostenfestsetzung von € 15 Widerspruch eingelegt, dem am 21.4. stattgegeben wurde. Die Begründung lautet, dass Gebühren nur einmal anfallen.

Es ist positiv, dass die Klage gegen die Kosten Erfolg hatte und es ist möglicherweise für Antragsteller und auch Behörden von Vorteil darüber Bescheid zu wissen.

§ 10 Gebühren und Auslagen des IFG lautet:

"(1) Für Amtshandlungen nach diesem Gesetz werden Gebühren und Auslagen erhoben. Dies gilt nicht für die Erteilung einfacher Auskünfte"

Offensichtlich verstößt die Benachrichtigung vom 20.2.06 gegen das Gesetz und schreckt dadurch Antragsteller ab. Auf dieser Linie liegt auch der erste falsche Gebührenbescheit. Die positive Kostenentscheidung hat nicht den weiteren Gebrauch der falschen Auskunft vom 20.2.06 korrigiert.

Zwar wir die Regelung über die Bearbeitungszeit: "Anfragen (...) unverzüglich - möglichst innerhalb eines Monats - zu beantworten" richtig. Allerdings h¨lt sich das AA nicht daran. Sowohl für die 10-tägige Verzögerung der elektronischen Bestätigung einer elektronischen Anfrage als auch für die darauf folgende 2 wöchige Bearbeitungszeit gibt es keinen Grund von der unverzüglichen Bearbeitung abzuweichen. Es bleibt unerfindlich welche "Fragen die Auslanszustellung" (Kenntnis des Gesetzestekstes vorausgesetzt) aufwirft.

Die Informationsgebührenverordnung (IFGGebV) ist verworren und sehr kompliziert. Nicht mal Fachleute viel weniger Laien sind in der Lage die gesetzlich vorgeschrieben Kostenfreiheit herauszufinden.

Zwar sehe ich mich selber nicht in der Gefahr, mich von Behörden ins Bockshorn jagen zu lassen, allerdings gibt es meines Wissens nur eine Handvoll Deutscher die durch das Wissen, dass die Informationsfreiheit nach dem IFG ein Menschenrecht ist und deshalb möchte ich Sie bitten dem AA da auf die Sprünge zu helfen zu Gesetzeskonformen Verhalten und Informationen .

Die Regierung und Ministerialbürokratie hat sich von 1998 bis 2005 dem Willen des Gesetzgebers Bundestag (Die Zeit 2002: Aufstand der Amtsschimmel) verschlossen. Als die Koalitionsparteien ihren eigenen (verwäserten) Entwurf am 17.12.05 in den Bundestag einbrachten, versuchte die Regierung das zu stoppen. Offensichtlich ist dabei in Vergessenheit geraten, dass Demokratie Volksherrschaft bedeutet mit den Bürgern als Souverän. Handelt der Amtsschimmel nach der Devise, dass der Staat eine Amtsschimmelherrschaft ist und handelt immer noch danach?

International gesehen haben die UN, OSZE und AOS Sonderbeauftragten für den Schutz der Meinungsfreiheit in ihrer gemeinsamen Erklärung vom 6.12.2004 bestätigt, dass die Informationsfreiheit ein Menschenrecht ist:

The right to access information held by public authorities is a fundamental human right which should be given effect at the national level through comprehensive legislation (for example Freedom of Information Acts) based on the principle of maximum disclosure, establishing a presumption that all information is accessible subject only to a narrow system of exceptions.(...) Access to information is a citizens’ right. As a result, the procedures for accessing information should be simple, rapid and free or low-cost.

Mehr als 65 Staaten sowohl in der EU, in Europa, der OSZE, der OECD sowie alle entwickelten zivilisierten Länder kennen die Informationsfreiheit. Mehr als die Hälfte dieser Staaten hat dieses Menschenrecht in der Verfassung verankert. Darüber hinaus haben ca. 40 Staaten entsprechende Verfassungsgarantien ohne konkrete gesetzliche Ausformung. In mehr als 25 Ländern werden solche Gesetzentwürfe diskutiert. Auch in Deutschland war im Jahre 1993 in der Verfassungskommission von Bund und Ländern im Zuge der Diskussion um eine Änderung des Grundgesetzes im Rahmen der Wiedervereinigung dafür schon eine Mehrheit vorhanden, allerdings wurde die notwendige zweidrittel Mehrheit damals noch nicht erreicht (BT Drucksache 12/6000, Kapitel 3.4). Im Grundrechte-Report 2006 ist Transparenz nach dem (Bundes-)Informationsfreiheitsgesetz aufgenommen.

Die "Checkliste Informationsfreiheit" der Bertelsmannstiftung spricht davon "den Informations-Nachfragern keine prohibitiv hohe Kosten aufbürden", und "Es dürfen dem Antragsteller maximal die Zusatzkosten der Informationszustellung berechnet werden". Nach Prinzip 4 der "Right to Know" Regeln der Open Society Justice Initiative sollten die Kosten nicht größer als die Reproduktionskosten sein. Auch die Empfehlung Rec (2002) 2 des Ministerausschusses des Europarates an die Mitgliedstaaten zum Zugang zu amtlichen Dokumenten sieht moderate Kosten vor. Im Handbuch des dänischen Menschenrechtsinstitut: “An Introduction to Openness and Access to Information” werden für Gebühren nur Materialkosten empfohlen. Auch A Model Freedom of Information Law von ARTICLE19 sieht moderate Kostenregelungen vor. The final report of the EUROPEAN INSTITUTE FOR MEDIA on “the information of the citizen in the EU: obligations for the media and the Institutions concerning the citizen’s right to be fully and objectively informed” recommends: "Financial charges for this system (of national access laws) are seen as a hindrance to freedom of information." Das United Nations Development Programme entwickelte einen Guide to Measuring the Right to Information mit Fragen angemessener Gebühren.

Mit freundlichen Grüßen


Walter Keim

Kopie: Deutscher Presserat, Council of Europe, OSCE, OECD, PACE and UN.

Anlage:

Antwort:

[Informationsfreiheit]     [Zurück zu allen Petitionen]     [Verwaltungsstreitsache]     [Menschenrechtsverletzungen in Deutschland]    [Zur Homepage

Anlage: Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.