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Zugang zu Information ist ein Teil der Meinungsfreiheit, zusammen mit einer aktiven Bürgerschaft - daher sind es Vorbedingungen für die Sicherung einer lebendigen und gut informierten Demokratie. NGOs fordern von den Regierungen internationale und nationale Standards zu respektieren und mit ihnen in Übereinstimmung zu handeln.
Die NGOs rufen die Staaten des Ostseerats dazu auf, die Umsetzung aller Menschenrechte - zivile, politische, ökonomische, soziale und kulturelle - zu einer obersten Priorität auf der politischen Tagesordnung zu machen.
Das 1. OSTSEE-NGO FORUM 2001

Material zur Informations-zugangsfreiheit (Access to Information) 10. Ostsee-NGO Forum


Das 10. Ostsee-NGO Forum (X. Baltic Sea NGO Forum) fand am Dienstag, 24. April 2012, 11:00-12:45 statt. Hier findet sich PowerPoint Material für die 2. Session des "WS III Human Rights: Freedom of information" (Informationszugangsfreiheit):

Der Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung ist ein Menschenrecht gemäß Zivilpakt [Quelle 1, 4, 5] und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [Quelle 6] aufgrund der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EKMR) [Quelle 2], wird international als Voraussetzung für die Demokratie angesehen und ist wichtig im Kampf gegen Korruption. Die OSZE fördert das Menschenrecht des Informationszugangs [Quelle 3, A].

Die drei Sonderbeauftragten von UN, OSZE und AOS für den Schutz der Meinungsfreiheit bestätigen in ihrer gemeinsamen Erklärung vom 6.12.2004, dass der Informationszugang ein Menschenrecht ist: [Quelle 3]:

„Zugang zu Informationen der Behörden ist ein fundamentales Menschenrecht, das auf nationaler Ebene durch eine umfassende Gesetzgebung gewährleistet sein muss, die auf dem Prinzip der größtmöglichen Offenlegung basiert."

Dies wird auch im § 18 des "General Comment No. 34 on Article 19 of the ICCPR" (Internationaler Paktes über bürgerliche und politische Rechte, Zivilpakt) bestätigt [Quelle 4].

Die OSZE hat im April 2012 in ihren Kommentaren zum Entwurf eines Transparenz- und Informationszugangsgesetzes in Spanien den Menschenrechtscharakter des Informationszugangs dokumentiert, mit Hinweis auf OSZE, Zivilpakt und EGMR. (siehe Anlage A: "International documents (...) state that access to information is a fundamental human right and an essential condition for all democratic societies.")

Haben die Ostseeländer die Forderungen des ersten Ostsse-NGO Forums erfüllt und umgesetzt? Schweden ist der weltweite Pionier mit Informationszugang seit 250 Jahren. In den letzten 11 Jahren wurden auch in allen anderen Ländern des Ostseeraums Forstschritte erzielt, die den Ostseeraum als weltweites Vorbild erscheinen lassen. Leider haben die Regierenden in Deutschland die Vorschläge deutscher NGOs und des 1. Ostsee-NGO Forum ignoriert. Deshalb ist Deutschland auf diesen Gebiet der Transparenz und Korruptionsbekämpfung ein Schlusslicht:

  1. 84 Staaten mit ca. 5,5 Milliarden [10, 11] Bürger auf der Welt haben ein besseres Informationsfreiheitsgesetz als deutsche Bürger im Bund (http://www.rti-rating.org/country-data/). Nur Liechtenstein, Österreich, Griechenland und Jordanien haben schlechtere Informationsfreiheitsgesetze.
  2. Mehr als 115 Staaten (https://www.rti-rating.org/country-data/) mit mehr als 5,9 Milliarden Einwohnern, d. h. 84% der Weltbevölkerung haben entweder Informationsfreiheitsgesetze oder entsprechende Verfassungsbestimmungen. In 5 Bundesländern d. h. der Hälfte der Bevölkerung in Deutschland fehlen generelle (über Verbraucherinformation und Umweltinformation hinausgehende) Informationsfreiheitsgesetze.
  3. Die UN Konvention gegen Korruption ist zwar in mehr als 158 Staaten (Stand 13.12.2011) mit mehr als 6,5 Milliarden Einwohnern ratifiziert, nicht aber von Deutschland.
  4. Der Bundestag verweigerte sich dem Vorschlag der Staatengruppe gegen Korruption GRECO des Europarates das Strafrechtsübereinkommen über Korruption SEV-Nr. : 173 und Zusatzprotokoll zu ratifizieren und die Transparenz der Parteienfinanzierung in Deutschland mit Hinweis auf Recommendation Rec(2003)4 zu verbessern. Im Bericht vom 29. Dezember 2011Greco RC-III (2011) 9E wird der 30. Juni 2012 als Frist gesetzt zu antworten.
  5. Deutschland ist das einzige Land in Europa, das weder die UN Konvention noch das Strafrechtsübereinkommen gegen Korruption ratifiziert hat [Quelle: http://www.lobbypedia.de/index.php/GRECO].

Fast alle Teilnehmer des des 10. Ostsse-NGO Forums sahen den Informationszugang als Menschenrecht an.

Der 6. Staatenbericht Deutschlands CCPR/C/DEU/6 gemäß Zivilpakt wird im Oktober 2012 behandelt. Ostsee-NGOs signalisierten auf dem 10. Ostsee-NGO Forum die Bereitschaft bei der Behandlung und Prüfung der Situation der Menschenrechte in Deutschland durch das Menschenrechtskomitee der VN beizustehen. Sowohl ein Parallelbericht als auch Teilnahme am Universellen Periodischen Überprüfungsverfahren ist geplant. Außerdem wurde die Schaffung einer Ombudsstelle für Staaten des Ostseerates vorgeschlagen [9].

Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes in Deutschland verstößt gegen internationale Standards, z. B. das Prinzip der größtmöglichen Offenlegung von amtlichen Dokumenten, deshalb haben 84 Staaten mit ca. 5,5 Milliarden [10, 11] haben ein besseres IFG als Deutsche im Bund.

Wie kann das Menschenrecht des Zugangs zu amtlichen Dokumenten juristisch durchgesetzt werden?

Juristische Durchsetzung

Deutschland ist dem Zivilpakt und der EKMR beigetreten. Gemäß Artikel 46 des EKMR ist Deutschland an Urteile gebunden. Nach Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs können Klagen an das Menschenrechtskomitee der UN [Quelle 5] und den Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [Quelle 6] Abhilfe schaffen.

Verpflichtungsklage gegen Freistaat Bayern

Bayern hat kein Informationsfreiheitsgesetz, das amtliche Dokumente aller Bereiche zugänglich macht unter Berücksichtigung des Datenschutzes. Im Bericht CommDH(2007)14 des Menschenrechtskommissars Thomas Hammarberg über seinen Besuch in Deutschland 9. – 11. und 15. – 20. Oktober 2006 wird u. a. vorgeschlagen Menschenrechte in den Kernbereich der Juristenausbildung aufzunehmen und Richter und Verwaltung in Menschenrechten zu schulen. Die Petition Zeichen II/VF.0993.15 an den Bayerischen Landtag schlägt vor die Vorschläge des Menschenrechtskommissars umsetzen, u. a. öffentlich Bedienstete und Richter in Menschenrechten zu schulen. Am 3.7.08 antwortet der Landtag im Wesentlichen so: "Die Eingabe wird vom Landtag aufgrund der Erklärungen der Staatsregierung als erledigt betrachtet." Damit werden die Vorschläge des Menschenrechtsbeauftragten des Europarates abgelehnt. Sowohl der Landtag, als auch das Justizministerium und Innenministerium lehnen Akteneinsicht in die Erklärungen ab, da die Begründung nur für Landtag sei. Am 13.12.2011 [Quelle 7] wurde unter Hinweis darauf, dass das Menschenrecht des Zugang zu amtlichen Dokumenten in mehr als 115 Staaten mit 5,9 Milliarden Menschen anerkannt wird, auf nochmalige Prüfung gebeten. Da dies am 23.1.2012 und 31.1.2012 mit unzutreffenden Argumenten abgelehnt wurde, ist nun eine Verpflichtungsklage beim Verwaltungsgericht München geplant [Quelle 8]. Die Ablehnung der Akteneinsicht ohne überhaupt auf die EKMR einzugehen zeigt , dass die Versicherung der Bundesregierung die EKMR werde respektiert, falsch ist. Der Menschenrechtskommissar hat offensichtlich Recht Schulungen in Menschenrechten vorzuschlagen.


Quellen:

  1. Zugang zu amtlichen Dokumenten ist ein Menschenrecht der VN: https://www.right2info.org/international-standards#section-1
  2. Zugang zu amtlichen Dokumenten in Europäischer Konvention für Menschenrechte: https://www.right2info.org/international-standards#section-5
  3. Gemeinsame Erklärung 2004 der drei Sonderbeauftragten von UN, OSZE und AOS für den Schutz der Meinungsfreiheit: http://merlin.obs.coe.int/iris/2005/2/article1
  4. "General Comment No. 34 on Article 19 of the ICCPR" (Internationaler Paktes über bürgerliche und politische Rechte, Zivilpakt): http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrc/comments.htm
  5. Klagen bei den VN gegen Staaten, die gegen das Menschenrecht des Zugangs zu amtlichen Dokumenten verstoßen: http://right2info.org/cases#section-6
  6. Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte: http://right2info.org/cases#section-2
  7. Akteneinsicht in die Begründung der Ablehnung der Vorschläge des Menschenrechtskommissars: http://wkeim.bplaced.net/files/ifg-einsicht.htm
  8. Verpflichtungsklage beim Verwaltungsgericht München: http://wkeim.bplaced.net/files/vgm-2012.htm
  9. X. Baltic Sea NGO Forum “Social Capital for a sustainable Baltic Sea Region” 23–25 April 2012 in Berlin Final Statement
    WS III: Human rights: http://www.bsngoforum.org/files/Final_statement.pdf
    1. We urge the CBSS to create an Ombudsman for Human Rights.
    2. In each country of the Baltic Sea Region, there shall be installed independent national Human Rights Institutes according to the Paris principles.
    3. The workshop recommends that the Baltic Sea NGO Network oversee the implementation of the Universal Periodic Review (UPR) process in each country of all the CBSS member states.
    4. The workshop urges the CBSS to find new forums to promote dialogue on migration, women’´s rights, and to raise awareness on men’´s violence against women.
  10. Access to Information Laws: http://right2info.org/access-to-information-laws
  11. FOI Laws: Counts Vary Depending on Definitions: http://www.freedominfo.org/2011/10/foi-laws-counts-vary-slightly-depending-on-definitions/
Im Internetz:
Weiterführung:
  1. OSZE, April 2012: COMMENTS ON THE DRAFT LAW ON TRANSPARENCY, ACCESS TO INFORMATION AND GOOD GOVERNANCE OF SPAIN: http://www.osce.org/fom/89577
  2. Keim, Walter (03.05.2012): Brief an Bundespräsident. Ostsee: Meer der Informationsfreiheit und Pressefreiheit?
  3. 05.05.2012: 11 Bürgerparteien21 Punkte Einforderungskatalog zur Angleichung der grundgesetzgemäßen und internationalen Normen durch Bürgerparteien: Forderungen 4, 5, 19 und 21. Begründung.
  4. 13.06.2012: Neue Rheinische Zeitung: 10. Ostsee-NGO Forum unterstützt Zugang zu amtlichen Informationen. Deutschland als Schlusslicht: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17885
  5. 17.07.2012: LobbyControl. Schwarz-Gelb weist europäische Forderungen nach mehr Transparenz zurück
  6. 18.07.2012: Neue Rheinische Zeitung: Verweigerung des Grundrechtes auf freien Informationszugang in Deutschland. Von CDU/CSU völlig abgelehnt: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=18015
  7. Keim, Walter (14.07.2012): Verpflichtungsklage gegen Freistaat Bayern (VG München Az. M 17 K 12.3408)
  8. Keim, Walter (24.07.2012): Offener Brief: Deutsche Presse größter Versager in der Welt beim Menschenrecht Informationszugang
  9. Keim, Walter (24.08.2012): GRECO versagte in zweiter Evaluierungsrunde und muss die dritte Runde besser besser machen
  10. Keim, Walter (14.09.2012): Parallel Report Human Rights Committee. 106th session (October 2012), Geneva
  11. Baltic Sea NGO Forum (18. September 2012):Submission for the Sixteenth Session of the Working Group on the Universal Periodic Review: Germany
  12. Neue Rheinische Zeitung (14.10.2012): Die Gültigkeit des Grundgesetzes geht auf den Prüfstand. Organklage mehrerer Bürgerparteien:  http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=18298
  13. Piratenpartei (17.10.2012): UN-Menschenrechtsausschuss: Deutsche Informationsfreiheitsgesetze in der Kritik
  14. Keim, Walter (29.12.2012): Herausforderungen für die Presse bei Informationsfreiheit 2013
  15. 13.03.2014: Verfassungsbeschwerde Keim -/. Bayern eingereicht.
  16. 21.03.2014: Die Verfassungsbeschwerde wird zunächst – bis zur Entscheidung über die Zuständigkeit des Senats – in das allgemeine Register unter der Nr. AR 2065/14 eingetragen
Entwicklung:


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Entwicklung der Ausbreitung von Informationszugangsgesetzen 2000 bis 2012

Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. FOIA= Freedom of Information Act (Informationsfreiheitsgesetz)

Informationsfreiheitsgesetze im Jahre 2001

Informationsfreiheitgesetze in Europa

Right to Information Rating