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Wann wird Deutschland die Konvention des Europarats über den Zugang zu amtlichen Dokumenten ratifizieren und damit dieses Menschenrecht sichern?
 
Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 6.2.2009
 
 
 
An den Petitionsausschuss des
Deutschen Bundestages
Platz der Republik 1
D-11011 Berlin
Kopie: Bayerische Regierung, Landtage von Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Sachsen.
 

Betreff: Vertrauen schaffen, statt Misstrauen sähen: Konvention des Europarats über den Zugang zu amtlichen Dokumenten ratifizieren  
 
 
 
Sehr geehrte Damen und Herren,  
 
die Informationsfreiheit macht das Verwaltungshandeln transparenter, indem Bürger Zugang zu behördlichen Dokumenten und Informationen bekommen. Die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger werden gestärkt gemäß dem Leitprojekt des Programms Moderner Staat - moderne Verwaltung unter Berücksichtigung des Datenschutzes. Dieses Bürger- und Menschenrecht wird im Informationszeitalter als Teil der Demokratie verstanden und ist in über 80 Staaten der Welt (Anlage 5) verwirklicht. In mehr als der Hälfte dieser Staaten z. B. Brandenburg (Art. 21 (4)) ist dieses Grundrecht in der Verfassung verankert.
 
Weltweit kommt die Verwaltungstransparenz bisher in mehr als 75 Staaten mit mehr als ca. 3,5 Milliarden Menschen in Europa, (Nord- und Mittel-)Amerika, Australien, und Asien (Japan, Indien, Indonesien, China) zugute. Nachdem die russische Duma am 22.1.09 ein IFG beschlossen hat (Anlage 9) fehlt in Europa die Verwaltungstransparenz im Wesentlichen nur in Weißrussland und 5 deutschen Bundesländern, darunter Bayern (Anlage 5).
 
Die 17. Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten am 3./4. Dezember 2008 in Schwerin fordert: Die neue Konvention des Europarats zur Informationsfreiheit so bald wie möglich unterzeichnen und ratifizieren! (Anlage 3).
 
Damit kann dieses Menschenrecht auch in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Sachsen und in Bayern eingeführt werden.
 
Besonders peinlich ist das Fehlen der Informationsfreiheit für Hessen, das einst der Pionier beim Datenschutz war und durch die CDU in eine Schlusslichtposition abgewirtschaftet wurde. Außerdem hat Hessen 1993 den Vorschlag gemacht, den Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung im Grundgesetz zu verankern. Dieser Vorschlag hat in der Verfassungskommission von Bund und Ländern im Jahre 1993 im Zuge der Diskussion um eine Änderung des Grundgesetzes im Rahmen der Wiedervereinigung schon eine Mehrheit erreicht, allerdings wurde die notwendige zweidrittel Mehrheit damals noch nicht erreicht (BT Drucksache 12/6000, Kapitel 3.4).
 
Der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung im Jahr 2008 auf Antrag Bayerns einen Vorschlag zur Änderung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) des Bundes beschlossen, mit dem eine Informationszugangssperre für sämtliche Informationen aus dem Bereich der Finanz-, Wertpapier- und Versicherungsaufsicht und für den Bereich der Finanzmarktstabilisierung verhängt werden soll. Der Beschluss ist in der Bundesrat-Drucksache 827/08 vom 19.12.2008 zum so genannten „Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz“ verborgen (Anlage 10).
 
Dies ist genau das falsche Signal: Hier wird Misstrauen gesäht statt Vertrauen geschaffen.
 
Fast alle Nachbarn von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen haben IFG: Österreich, die Schweiz, Frankreich und Rheinland-Pfalz.
 
Eines der wichtigsten Argumente für die Einführung der Transparenz staatlichen Handelns mit Hilfe der Informationsfreiheit ist das Vertrauen in den Staat zu stärken. Bisher ist Deutschland ein Volk ohne Vertrauen: Vier von fünf Deutschen haben das Vertrauen in die Politik verloren (Die Welt: 12. März 2006, 00:00 Uhr Von Sabine Höher). Diese Misstrauen kann abgebaut werden wie z. B. Untersuchungen in England zeigen.
 
Auch Obama stärkte Offenheit und Transparenz am ersten Tag seiner Amtszeit durch entsprechende Erlasse, die die Einschränkungen der Bush Ära aufheben um Vertrauen zurückzugewinnen (Anlage 11).
 
Mangelndes Vertrauen und Interesse zeigt sich in Deutschland an niedrigen Wahlbeteiligungen. Bei den Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt im April 2007 waren das nur 36,6 %, d. h. die "Partei" der Nichtwähler ist auf dem Weg zur zweidrittel Mehrheit. In der Stichwahl im Mai 2007 waren es nur 20.1%: Ein Negativrekord.
 

(...) detalierte Begründung: http://wkeim.bplaced.net/files/petition_konvention.htm
 

Überall in Europa zuletzt in Nordrhein-Westfalen (2001 mit den Stimmen der CDU), der Türkei (2003), Schweiz (2004), Serbien (2004), Bremen (2006), Hamburg (2006), Saarland (2006) und Rheinland-Pfalz (2008) haben auch konservative Parteien bei der einstimmigen Verabschiedung mitgewirkt und zumindest nicht gegen das Bürger- und Menschenrecht der Informationsfreiheit gestimmt.
 
Im Artikel 20 GG steht: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" und die "vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an" (das von der gewählte Volksvertretung beschlossene) "Gesetz und Recht gebunden". Damit ist auch in Deutschland eine Demokratie europäischen Typs möglich, wenn die Abgeordneten nur wollen und sich getrauen.
 
Immerhin haben in Schleswig-Holstein, Berlin, Hamburg, im Bund. Rheinland-Pfalz und Thüringen schon 6 Mal Parlamente die Initiative ergreifen und Gesetzentwürfe eingebracht. Das kann auch bei der Ratifizierung der Konvention über den Zugang zu amtlichen Dokumenten notwendig werden.
 
Laut Artikel 1 (2) GG sind die "unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten (...) Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft". Artikel 46 der Konvention für Menschenrechte lautet "Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen." Damit ist das Menschenrecht des Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung auch in Deutschland juristisch durchsetzbar.
 
Mit freundlichen Grüßen  
 
Walter Keim
Netizen: http://sites.google.com/site/walterkeim/ 
 
 
 
Kopie: Deutscher Presserat (Ist der Handlungsbedarf zu übersehen?), EU Commission, EU Parliament, EU Council, Council of Europe, OSCE, OECD, PACE, International Helsinki Federation for Human Rights, ECHR und UN
 
Anlage:
 
   1. Tabellarische Übersichten: Menschenrecht Informationszugangsfreiheit im Bundesgesetzblatt (BGBl.): http://wkeim.bplaced.net/IFG.htm#Europarat
   2. Konvention des Europarats über den Zugang zu amtlichen Dokumenten (verabschiedet vom Ministerkomitee am 27. November 2008): http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/QueVoulezVous.asp?NT=205&CM=8&DF=6/18/2009&CL=GER
   3. 04.12.2008: Entschließung der 17. Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten am 3./4. Dezember 2008 in Schwerin: Die neue Konvention des Europarats zur Informationsfreiheit so bald wie möglich unterzeichnen und ratifizieren! http://www.sachsen-anhalt.de/LPSA/index.php?id=32813
   4. C. Löser: Amtsgeheimnis und Informationsfreiheit im Wandel. Seminararbeit zum Seminar Gegenwartsfragen des Staats- und Verwaltungsrechts bei Prof. Dr. Maximilian Wallerath. Sommersemester 2006. http://www.cloeser.org/pub/Amtsgeheimnis_und_Informationsfreiheit.pdf
   5. http://www.right2info.org: 76 Staaten weltweit mit Informationsfreiheitsgesetzen (IFG) und 51 Staaten mit verfassungsrechtlicher Regelung des Zugangs zu Dokumenten (Informationen) der öffentlichen Verwaltung. Nachdem die russische Duma am 22.1.09 ein Informationsfreiheitsgesetz beschloss, fehlen in Europa im Wesentlichen nur noch Weißrussland die 5 deutschen Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Sachsen.
   6. 10. July 2006: Sdruženi Jihoceské Matky v. Czech Republic (dec.), Application no. 19101/03, Decision of  ECHR (Admissibility). Access to information. http://wkeim.bplaced.net/files/echr-19101-03.htm
   7. 11. April 2006: GERAGUYN KHORHURD PATGAMAVORAKAN AKUMB v. ARMENIA (dec,): Application no. 11721/04.  ECHR decision to communicate freedom to receive information case to Armenia: http://wkeim.bplaced.net/files/echr-11721-04.htm
   8. Empfehlung Nr. 854 (1979) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates betr. den Zugang der Öffentlichkeit zu Regierungsunterlagen und die Informationsfreiheit: http://wkeim.bplaced.net/files/empf_854_1979.htm
   9. 22.01.09: Die russische Duma beschließt ein Informationsfreiheitsgesetz In Europa fehlen im Wesentlichen nur noch Weißrussland die 5 deutschen Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Sachsen: http://www.intern.de/news/neue--meldungen/--200901215034.html
  10. 18.12.08: Bundesrat will auf Antrag Bayerns die Informationsfreiheit einschränken: http://www.dgif.de/index.php?id=5&Fsize=0
  11. 21.01.09: Obama stärkt Offenheit und Transparenz am ersten Tag seiner Amtszeit: http://www.freedominfo.org/news/20090123.htm, http://www.gwu.edu/~nsarchiv/news/20090121/index.htm und http://www.access-info.org/?id=41
 
 
 
In Internet veröffentlicht:
 
   A. Bericht des Menschenrechtskommissars Thomas Hammarberg über seinen Besuch in Deutschland 9. – 11. und 15. – 20. Oktober 2006: http://wkeim.bplaced.net/files/Bericht-des-Menschenrechtskommissars.html, https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?Ref=CommDH%282007%2914&Language=lanGerman&Ver=original&Site=COE&BackColorInternet=DBDCF2&BackColorIntranet=FDC864&BackColorLogged=FDC864, https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?Ref=CommDH(2007)14&Language=lanGerman  Deutsche Institut für Menschenrechte mit der Beobachtung der Menschenrechte in Deutschland beauftragen, nationalen "Aktionsplan Menschenrechte" entwickeln.
   B. http://de.wikipedia.org/wiki/UNCAC: Zur Zeit (25.1.09) haben 129 Staaten das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC) ratifiziert, nicht aber Deutschland, wegen ungenügender Regelung der Abgeordnetenbestechung.
   C. 13.11.08: ECHR Application no. 37374/05 by TÁRSASÁG A SZABADSÁGJOGOKÉRT against Hungary admissible: http://www.access-info.org/data/File/HCLU%20v%20Hungary.pdf
   D. 07.09.07: Regierung in Rheinland-Pfalz kündigt Entwurf eines IFG für 2008 an.
   E. 20.12.07: Landtag in Thüringen beschließt IFG.
   F. 07.04.08: SPD Fraktion in Rheinland-Pfalz bringt IFG in Landtag ein.
   G. 29.05.08: Landtag Sachsen-Anhalt verabschiedet IFG.
   H. 12.11.08: Landtag in Rheinland-Pfalz verabschiedet IFG einstimmig.
   G. 14.4.09: ECHR Application no. 37374/05 by TÁRSASÁG A SZABADSÁGJOGOKÉRT against Hungary: http://www.access-info.org/data/File/HCLU%20v%20Hungary.pdf http://merlin.obs.coe.int/iris/2009/7/article1
 
Walter Keim
Netizen: http://sites.google.com/site/walterkeim/
Keim v. Germany(II) ECHR Appl. No. 31583/07: http://wkeim.bplaced.net/files/egmr-klage-en.htm
5 German states violate the human right og freedom of information: http://wkeim.bplaced.net/files/ifg-5-laender-en.htm
Promotion of Freedom of Information for Germany: http://wkeim.bplaced.net/files/coe-031128.htm, http://wkeim.bplaced.net/files/osce-050106.htm,
http://wkeim.bplaced.net/files/ihf-060824.htm, http://wkeim.bplaced.net/files/pace-060213.html, http://wkeim.bplaced.net/files/eu-hra-070329.htm

 

 

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Anlage: Süddeutschland der Schandfleck bezüglich der Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.

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