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Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 1. 6. 2005
 

An Herrn
Wolfgang Zeitlmann, MdB
Deutschen Bundestag
Platz der Republik 1
D-11011 Berlin
 

CSU-Hinterwäldler Zeitlmann: Nützlicher Idiot der Korruption und des Obrigkeitsstaates

Sehr geehrter Herr Zeitlmann,

Für den 3. Juni 2005 ca. 14.10 Uhr ist die 2./3. Lesung des Informationsfreiheitsgesetzes angesetzt. Die FDP hat sich im Innenausschuss am 1.6.2005 enthalten. Wenn die FDP sich im Bundesrat der Blockadepolitik der CDU/CSU anschließt, kann der Bundestag den Einspruch des Bundesrates nicht mehr zurückweisen, wegen der vorgezogenen Neuwahlen im Herbst. Dadurch würde das Informationsfreiheitsgesetz scheitern.

In Ihrer Presseerklärung vom 1.6.05 bezeichnet Sie das Informationsfreiheitsgesetz als überflüssig, sind völlig unwissend über deren Nutzen, fragen nach Beispielen und zeigen sich total uninformiert über die 60 Staaten in der Welt, die Informationsfreiheitsgesetze haben.

Ein nützliches Beispiel unter sehr vielen ist, dass bisher die Eichämter geheim halten, wenn Produzenten systematisch zu wenig in die Verpackung tun: Der Verbraucherbetrug wird von den Firmen als "Geschäftsgeheimnis" angesehen. Die Bertelsmann Stiftung hat viele solcher Nutzanwendungen der Informationsfreiheit zusammengetragen: http://www.informationsfreiheit.info/de/wozu_informationsfreiheit_beispiele/

Das deutsche Gesundheitswesen ist laut Sachverständigenrat: http://dip.bundestag.de/btd/14/068/1406871.pdf das teuerste in der EU, aber im unteren Drittel der Industriestaaten (World Health Report 2000: Platz 25), was die Qualität der Leistungen angeht. Wo das Geld bleibt weiß man nicht wegen der Intransparenz. Beispielsweise wurde ein Angestellter der KV, der Abrechnungsbetrug nicht mitmachen wollte, gefeuert: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,228591,00.html, http://wkeim.bplaced.net/files/kartell_der_abzocker.pdf. TI listet die Folgen der Intransparenz des Gesundheitswesens hier auf: http://www.transparency.de/II__Abrechnungsbetrug_-_von_de.488.0.html vom Abrechnungsbetrug bis zur Korruption möglicherweise bis zu 20 Milliarden Verlust.

Anderer Länder haben Einsichtsrechte aus speziellen Berechtigungen, zusätzlich zur vorraussetzungslosen Informationsfreiheit. Das gilt auch für die 4 Bundesländer Brandenburg, Berlin, Schelswig-Holstein und NRW. Sie beschützen Geheimniskrämerei, die die Korruption leichter macht und die Aufklärung behindert.

Bisher ist Deutschland nämlich das einzige bedeutende Land in Europa (im Bund und 12 von 16 Bundesländern), der OECD und der zivilisierten Länder ohne das Menschenrecht der Informationsfreiheit (einschließlich des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung): http://wkeim.bplaced.net/foi-europe.gif und http://wkeim.bplaced.net/foi-laws-eu-de.gif.

Die Informationsfreiheit (einschließlich des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung) ist Teil der Meinungsfreiheit und durch international anerkannte Menschenrechte speziell des Artikel 19 des Internationaler Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbürgR, BGBl. 1973 II S. 1534) geschützt. Diesem Pakt ist Deutschland beigetreten, verletzt ihn aber bisher.

Überall in Europa wurde auf der Basis der Empfehlung 81 (19) des Europarats aus dem Jahre 1981 die Informationsfreiheit eingeführt, beispielsweise fehlt auf dem Balkan nur noch Montenegro. Wird Deutschland auch vom letzten Balkanland überholt werden? Werden in Europa übliche Standards von Bürgerfreundlichkeit in Deutschland eine Chance haben?

Sowohl Hongkong als auch Shanghai haben die Informationsfreiheit eingeführt um Investoren anzulocken. Dies ist ein Test für Pläne in ganz China, eine der am schnellsten expandierenden wirtschaftlichen Wachstumsregionen in der Welt, die Informationsfreiheit einzuführen. Wird es in 5 Jahren, nach Ablauf der Probeperiode Informationsfreiheit in China aber nicht in Deutschland geben? Ist die deutsche Ministerialbürokratie starrer und weniger flexibel als die Kader der chinesischen Kommunistischen Partei? Kanzler Schröder hat im Sommer 2002 der Industrie zuliebe das Informationsfreiheitsgesetz gestoppt um weniger Probleme mit der Wirtschaft vor der Wahl zu haben. Aber haben die Teile der deutschen Wirtschaft (z. B. BDI), die dem Informationsfreiheitsgesetz sehr kritisch gegenüberstehen, überhaupt kapiert um was es geht?

Die UN, OSCE und AOS bestätigten in ihrer gemeinsamen Erklärung vom 6.12.2004, dass der Zugang zu amtlichen Informationen ein Menschenrecht ist:

The right to access information held by public authorities is a fundamental human right which should be given effect at the national level through comprehensive legislation (for example Freedom of Information Acts) based on the principle of maximum disclosure, establishing a presumption that all information is accessible subject only to a narrow system of exceptions.

Ich begrüße, dass die OSZE und der Europarat Deutschland beobachten.

In der Demokratie (Griechisch: Volksherrschaft) sind die Bürger der Souverän. Das aus dem Obrigkeitsstaat übernommene Amtsgeheimnis betrachtet den Bürger als Untertan.

Dem Aufklärungsbedürfniss des Souveräns steht, wie die Zeit 2002 formulierte "der Aufstand der Amtsschimmel" entgegen. Ist, wie die Zeit formulierte "der Widerstand der versammelten Ministerialbürokraten gegen das Gesetz ... (ein) Rückzugsgefecht, zumal auch in Deutschland die Revolution seit einigen Jahren bereits stattfindet"?

Überall in Europa zuletzt in Nordrhein-Westfalen (2001 mit den Stimmen der CDU), der Türkei (2003), Schweiz (2004) und Serbien (2004) haben auch konservative Parteien bei der einstimmigen Verabschiedung mitgewirkt und zumindest nicht gegen das Bürger- und Menschenrecht der Informationsfreiheit gestimmt.

Informieren Sie sich um was die Sache geht um Deutschland zu ersparen weiter der Schandfleck der zivilisierten Welt zu sein. Dass Bayern der Schandfleck Europas auf der Informationsfreiheitskarte ist (noch zurückgebliebener als der Balkan), ist schon genug.

Mit freundlichen Grüßen

Walter Keim

Bundeskanzler muss dem Bundestagspräsidenten antworten: http://wkeim.bplaced.net/files/050524bk.htm
Informationsfreiheitsgesetz ohne Wenn und Aber: http://wkeim.bplaced.net/files/ifg-anhoerung.htm
Kommt eine (kleine) Kulturrevolution in Deutschland? http://wkeim.bplaced.net/files/041206btf.htm
Protest gegen begründungslose Ablehnungen des Bundesverfassungsgerichts:  https://web.archive.org/web/20101119032630/http://www.pappa.com/mmdm/adler/ob_bverfg.html
Gegen Versuch der Unterdrückung durch RAK: http://wkeim.bplaced.net/files/de_menschenrechte.htm#aemr20
Deutschland, die verspätete Nation: http://www.heise.de/tp/deutsch/special/frei/16121/1.html
Wer lädt den Menschenrechtsbeauftragten nach Deutschland ein?: http://wkeim.bplaced.net/files/coe-031128.htm
Kampf dem Rechtsberatungsgesetz aus dem Jahre 1935: http://wkeim.bplaced.net/files/031213rberg.htm
Warum sind Patientenrechte defizitär in Deutschland? : http://wkeim.bplaced.net/anklage.htm

Kopie: Abgeordneten und Fraktionen des Bundestages, Landtagspräsident von Baden-Württemberg, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Fraktionen des Landtages in Baden-Württemberg, Deutsches Helsinki-Komitee für Menschenrechte, Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, e.V., Bundestagsausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Antwort und Entgegnung vom 20.6.05: Das Informationsfreiheitsgesetz wurde total missverstanden.

 

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Anlage: Süddeutschland der Schandfleck bezüglich der Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.

Die Koalitionsparteien werden am 3.6.05 im Bundestag die Informationsfreiheit beschließen. Wenn die Blockadepolitik der CDU/CSU im Bundesrat gelingt, wird ganz Deutschland der Schandfleck Europas:

 IFGs in Europa: Hier klicken für Vergrösserung Informationsfreiheit in Europa

Wenn die FDP gemäß ihrer Verpflichtung zu Bürgerrechten sich der Blockpolitik widersetzt wird nur Süddeutschland und die CDU/CSU regierten Länder der Schandfleck in Europa sein:

Informationsfreiheitgesetze in Europa