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Knowledge will forever govern ignorance, and
a people who mean to be their own governors,
must arm themselves with the power knowledge gives. A popular
government without popular
information or the means of acquiring it, is but a prologue to a
farce or a tragedy or perhaps both.
-- James
Madison
on same subject in English: http://wkeim.bplaced.net/files/egmr-klage-en.htm
Walter Keim, Email: walter.keim@gmail.com
Torshaugv. 2 C
N-7020 Trondheim, den 20. 5. 2007
An den Bundesbeauftragten für den Datenschutz
und die Informationsfreiheit
Husarenstraße 30
D-53117 Bonn
Betr. Widerspruchsbescheid des Bundestages vom 15.5.07
Geschäftszeichen 1334-IFG (Anlage
1)
Sehr geehrter Herr Schaar,
Ich beziehe mich auf die am 18.10.06 in Kraft gesetzten Neuen Richtlinien zur Offenlegung der Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten und die Anlage 1: Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages und bitte Sie mir die Internetadresse mitzuteilen der gemäß § 44 b (4) AgbgG i.Vb.m.§ 3 Anlage 1 zu veröffentlichten Nebeneinkünfte:
§3 Veröffentlichung
Die Angaben gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 bis 6 werden im Amtlichen Handbuch und auf den Internetseiten des Deutschen Bundestages veröffentlicht.
Das Vertrauen des deutschen Volkes in seine Repräsentativorgane ist in besorgniserregender Weise geschwächt. So halten die Deutschen politische Parteien und Legislativorgane an erster bzw. an dritter Stelle für die korruptesten Institutionen der Gesellschaft. Inwieweit diese Wahrnehmung der Wirklichkeit entspricht, kann dahingestellt bleiben jedenfalls ist es ein Signal dafür, dass das Vertrauen in die politischen Funktionsträger gestärkt werden muss, denn die parlamentarische Demokratie basiert auf dem Vertrauen des Volkes, so das Bundesverfassungsgericht in seinem Diätenurteil (BVerfG v. 5.11.1975 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296ff., Rz. 61.) (Anlage 5).
"Die sich anschließende Bearbeitung der Anzeichen für die (...) vorgesehene Veröffentlichung wird einige Wochen in Anspruch nehmen. Zugleich zeichnet sich ab, dass das Bundesverfassungsgericht eine zügige Entscheidung der anhängigen Klagen einiger Bundestagsabgeordneter anstrebe. Daher beabsichtige ich, die Veröffentlichung bis zum Vorliegen dieser Entscheidung auszusetzen."
Der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angaben steht nicht im Ermessen des Bundestagspräsidenten, vielmehr ist er an geltendes Recht und Gesetz gebunden in diesem Fall an die geltende Fassung des Abgeordnetengesetzes und die Geschäftsordnung des Bundestags. Die anhängigen Verfahren sind kein Hindernis für die Anwendung des geltenden Rechts. Die Bundestagsabgeordneten, die sich zur Klage entschlossen haben, haben gleichzeitig darauf verzichtet, entsprechende Eilanträge zu stellen, um die Veröffentlichung zu verhindern.
Die Klagen der Abgeordneten haben nach Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts keine aufschiebende Wirkung. Rechtsschutz hätte durch Beantragung einer einstweiligen Verfügung beantragt werden müssen.
Im Bundesverfassungsgericht gibt es auch nach mehr als einem Jahr keine Mehrheit gegen die Veröffentlichung.
Am 10.3.07 wurde Antrag auf Veröffentlichung/Akteneinsicht nach IFG gestellt (Anlage 2), der am 12.04.07 (Anlage 3) mit der Begründung abgelehnt wurde, dass das IFG im Bereich Nebentätigkeiten keine Anwendung findet, da Abgeordnetengesetz § 44 a und b AbgG vorrangig sind.
Der Widerspruch vom 19.04.07 (Anlage 4) wurde am 15.5.07 zulässig aber nicht begründet abgelehnt. Damit wurde sowohl die Veröffentlichung als auch Akteneinsicht nach IFG abgewiesen.
Die Bundestagsverwaltung ging überhaupt nicht darauf ein, dass auch Informationen, die nicht beim Verfahren beim Verfassungsgericht umstritten sind zurückgehalten werden.
Ich möchte die umfangreichen Argumente, die in den Schriftsätzen ausgewechselt wurden nicht wiederholen, sondern folgende Fragen stellen:
Sowohl die 90% der Bevölkerung (Anlage 8), die für Offenlegung sind, als auch die zivilisierte Welt scheinen sich des öffentlichen Interesses bewusst. Da bilden der Bundestagspräsident, die Bundestagsverwaltung und 4 Verfassungsrichter die Ausnahme:
Der Staatsrechtler Prof. Hans-Herbert von Arnim bezeichnet es im Campact-Interview (Anlage 6) als "offenen Gesetzesbruch", dass Bundestagspräsiden Lammers die Veröffentlichung von Nebentätigkeiten sabotiert. "§ 44a des Abgeordnetengesetzes sowie die Verhaltensregeln für Bundestagsabgeordnete verlangen zwingend die Veröffentlichung der Angaben." Lammert sei somit gar nicht befugt, die Anwendung des Gesetzes auszusetzen, kritisiert der Staatsrechtler. Der Bundestagspräsident ist nicht befugt, die Anwendung des Gesetzes auszusetzen. Das könnte allenfalls das Bundesverfassungsgericht. Hierfür hätten die klagenden Abgeordneten beim Gericht einen Antrag auf einstweilige Anordnung stellen müssen, über die das Gericht dann zu entscheiden habe.
Was haben die Abgeordneten Otto, Laurischk, Kolb (FDP), Danckert (SPD), Wolfgang Götzer, Max Straubinger (CSU), Siegfried Kauder, Marco Wanderwitz, Friederich Merz (CDU) zu verbergen?
Der Zweck der Veröffentlichung der Nebentätigkeit, wie auch der Informationsfreiheit ist die Vertrauen der Bürger in die Politik und den Staat zu stärken. International ist das Vertrauen der Bürger sehr gering (Anlage 7: Volk ohne Vertrauen: 80 % Misstrauen), weil die Transparenz der Abgeordnetentätigkeiten fehlt und auch die Informationsfreiheit neu (im Bund seit 1.1.06, in 8 Bundesländern unbekannt) und beschränkt ist im Gegensatz zum Ausland. In England zeigen Untersuchungen dass Transparenz Vertrauen schafft. International hinken die Veröffentlichungspflichten von Abgeordneten in Deutschland der Praxis vielen Ländern hinterher. Die am 09. November 2003 unterzeichnete und am 14. Dezember 2005 in Kraft getretene UN Konvention gegen Korruption ist von Deutschland noch nicht ratifiziert. Zuvor muss insbesondere der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung in § 108e des Strafgesetzbuchs erweitert werden. Bisher ist Abgeordnetenbestechung nicht streng genug, d. h. aufgrund internationaler UN Konvention gegen Korruption verbotene Abgeordnetenbestechung ist in Deutschland "legal". 89 Staaten, darunter auch China (unterschrieben 10.12.03 ratifiziert 13.1.07) haben die UN Konvention gegen Korruption unterschrieben und der Generalsekretär des Europarates, Terry Davis fragte deshalb deutsche Abgeordnete öffentlich: Was habt ihr zu verbergen? (Der Spiegel Nr. 21, Seite 38).
Nach guten Erfahrungen mit der Verwaltungstransparenz in Hong Kong (1998), Guangzhou (2002), Shanghai (2004) wurde am 24.4.07 nun für ganz China die Verwaltungstransparenz durch ein Informationsfreiheitsdekret einführt. Dies wird in der am schnellsten expandierenden wirtschaftlichen Wachstumsregionen in der Welt als Mittel angesehen, Investoren anzulocken.
Der Präsident des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), Luzius Wildhaber, hat Deutschland zur Umsetzung der Straßburger Urteile ermahnt: Deutschland solle sich "näher mit dem System der Menschenrechtskonvention befassen", sagte Wildhaber am 8.12.06 im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Es gebe offensichtlich "einige Wissenslücken", auch bei deutschen Richtern, betonte der 69-jährige Schweizer, der den Straßburger Gerichtshof im Januar aus Altersgründen verlassen wird. Wildhaber verwies auf Artikel 46 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Darin sei unmissverständlich festgelegt, dass die Unterzeichnerstaaten die endgültigen Urteile des Gerichtshofs "befolgen" müssen. Der Zugang zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung ist nach der neuesten Rechtsprechung des EGMR ein Menschenrecht.
Auch der Ministerrat des Europarates hat mit der "Empfehlung Rec(2004)6 über die Verbesserung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe" gefordert, die Rechtsprechung des EGMR bei Gerichten und Verwaltungen bekannter gemacht wird und mehr beachtet wird, um den EGMR zu entlasten.
Der Europarat schlägt in der Empfehlung Rec(2004)5 über die "Überprüfung der Vereinbarkeit von Gesetzentwürfen mit der EKMR den Mitgliedstaaten" vor, unter Berücksichtigung der im Anhang aufgeführten Beispiele einer guten Praxis "für eine möglichst umgehende Anpassung ihrer Gesetze und Verwaltungspraktiken Sorge zu tragen, um Konventionsverletzungen zu vermeiden".
Der durch das IFG 2006 angestoßene Übergang und Paradigmenwechsel ist eine Kulturrevolution im Verhältnis von Bürger zum Staat. Im Bereich des Europarates wurde das aufgrund der Empfehlung Nr. 854 (1979) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates betr. den Zugang der Öffentlichkeit zu Regierungsunterlagen und die Informationsfreiheit und war in dem meisten Ländern bereits abgeschlossen als das IFG im Jahr 2006 in Kraft trat. Daran müssen sich die Machthaber in Deutschland erst gewöhnen.
Aber laut Artikel 1 (2) GG sind auch in Deutschland die "unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten (...) Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft". Artikel 46 der Konvention für Menschenrechte lautet ""Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen." Damit ist das Menschenrecht des Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung auch in Deutschland juristisch durchsetzbar.
Mit freundlichen Grüßen
Walter Keim
Kopie: Bundestagspräsident, alle Bundestagsabgeordneten, Bundeskanzlerin, campact, Verbraucherzentrale, Deutscher Presserat, Deutsche Presse, TV Stationen, Kopien auch an 8 Bundesländer ohne Informationsfreiheitsgesetze.
Kopie: MdB Otto, Laurischk, Kolb (FDP), Danckert (SPD), Wolfgang Götzer, Max Straubinger (CSU), Siegfried Kauder, Marco Wanderwitz, Friederich Merz (CDU)
Antworten:
Anlage:
In Internet veröffentlicht:
Entwicklung:
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Anlage: Süddeutschland der Schandfleck bezüglich der Informationsfreiheit in Europa. Bild unten: Dunkelgrün: Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Hellgrün: Informationsfreiheit nur in Verfassung. Gelb: Gesetz in Vorbereitung. Access to Information Law = Informationsfreiheitsgesetz.